Maurer & Parmelin verärgern SVP mit Ende der Gratis-Tests
Die SVP ist nicht einverstanden mit den neusten Pandemie-Entscheiden des Bundesrats. Innerhalb der Partei gibt es aber sehr unterschiedliche Haltungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SVP bemüht erneut den Diktatur-Vergleich bei den Corona-Entscheiden des Bundesrats.
- Sie fordert ein sofortiges Ende aller Massnahmen.
- Dabei befindet sie sich im Konflikt mit ihren Bundesräten und der SVP-Basis.
Der Bundesrat hat einmal mehr einen typisch schweizerischen Entscheid gefällt. Wie es kurz nach den Sommerferien mit der Pandemie-Bewältigung weitergehen soll – man weiss es nicht so genau. Deshalb durfte Gesundheitsminister Alain Berset im Anschluss an die Bundesratssitzung vom Mittwoch einen Kompromiss präsentieren. Mit diesem ist, naturgemäss, niemand wirklich zufrieden, am allerwenigsten die SVP.
Diktator Berset und SVP-Impfmuffel
So deckt sie Berset einmal mehr mit dem Diktatur-Vorwurf ein und fordert die sofortige Rückkehr zur Normalität. Die «Hinhaltetaktik» sei ein Wortbruch, denn gemäss eigenen Kriterien hätte Berset den Übergang in die Normalisierungsphase verkünden sollen. Nur: Genau das hat der Bundesrat eigentlich beschlossen und die Normalisierungsphase eingeleitet.
Ausser, dass es für die Rückkehr zur Normalität auch noch massiv mehr Geimpfte brauche, so der Bundesrat. Was wiederum die SVP ins Dilemma stürzt: Sie verzeichnet den grössten Anteil an Ungeimpften, wenn nicht gar Impfgegnern. Um Impfmuffel vom Vorteil einer Impfung zu überzeugen, sollen unter anderem die Gratis-Tests ab Oktober gestrichen werden. Ob das nun gut oder schlecht sei, darauf will sich die SVP aber nicht festlegen.
SVP muss eigene Differenzen kitten
Klartext redet dafür SVP-Nationalrat Albert Rösti: «Ich verstehe diesen Entscheid nicht, das ist absolut unnötig.» Er prognostiziert Kontraproduktives: Wegen ein paar Millionen Franken würden sowohl Impfskeptiker wie auch Veranstalter verärgert. «Denn ein grosser Teil der Leute lässt sich nicht deshalb impfen, sie gehen einfach nicht mehr an Veranstaltungen.» Damit kritisiert Rösti aber nicht etwa Bundesrat Alain Berset, sondern die eigenen Leute.
Denn die Streichung der Gratis-Tests ist gar nicht auf Bersets Mist gewachsen. Sondern wurde von den beiden SVP-Bundesräten Guy Parmelin und Ueli Maurer in den letzten Tagen ins Gespräch gebracht. Berset dagegen hatte sich am Rande des Filmfestivals Locarno sogar dagegen ausgesprochen.
Ein Umstand, den Rösti nicht weiter stört. «Wahrscheinlich will hier Guy Parmelin dazu beitragen, dass die Impfquote erhöht wird», erklärt der Ex-SVP-Chef. Und Ueli Maurer sei als Finanzminister jeder eingesparte Franken recht.
Rösti: «Haben intern keinen Streit»
Für die SVP-Führung aber erübrigt sich eine Stellungnahme zu den Gratis-Tests auf elegante Art. Sie will alle Massnahmen sofort aufheben, «dann erübrigt sich auch die Frage nach bezahlten oder nicht bezahlten Tests».
Doch auch das Streichen sämtlicher Massnahmen dürfte innerhalb der Partei nicht unumstritten sein. Schliesslich stellt die SVP mit Pierre-Alain Schnegg, Natalie Rickli und Jean-Pierre Gallati prominente Gesundheitsdirektoren der Kantone Bern, Zürich und Aargau.
Diese stellen sich teilweise betontermassen den Corona-Skeptikern und Impfmuffeln in den eigenen Reihen entgegen. Auch die Gesundheitsdirektoren der Kantone Baselland, Nidwalden, Thurgau und Uri sind allesamt SVPler und dürften eine etwas differenziertere Sicht haben.
Die Frage der Gratis-Test sei allerdings nicht von so grosser Bedeutung, dass sie parteiintern einen Streit auslöse, sagt Rösti. «Jedenfalls werde ich mich in der Gesundheitskommission dafür einsetzen, dass diese in der Vernehmlassung klarmacht, dass dies der falsche Weg ist. Ich hoffe, der Bundesrat überdenkt diesen Entscheid noch einmal.» Womit sich dann allerdings der Vorschlag von «Diktator Berset» durchsetzen würde.