Mieterverband: Vorschriften für Privathaushalte kaum kontrollierbar
Economiesuisse will bei einem Gasmangel eine Kontingentierung auch für Privathaushalte. Der Mieterverband hält dies nicht für umsetzbar und unfair.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Mieterverband weist den Vorschlag einer «solidarischen Kontingentierung» zurück.
- Die Idee von Economiesuisse sei kaum umsetzbar, sagt Vizepräsident Michael Töngi.
- Das Spar-Potenzial sei allerdings auch bei den Privaten gross.
Bereits im Herbst 2021 warnte Wirtschaftsminister Guy Parmelin vor einem möglichen Strommangel. Unternehmen sollen sich auf eine mögliche Stromknappheit vorbereiten, so der Appell des Bundesrats damals. Wegen des Kriegs in der Ukraine besteht nun für kommenden Winter zusätzlich die Gefahr eines Gasmangels.
Sollte es tatsächlich zu einer Energieknappheit kommen, würde als Erstes der Gashahn der Unternehmen zugedreht. Privathaushalte wären erst auf letzter Stufe von einer Kontingentierung betroffen. Diese Reihenfolge passt dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse nicht. Alexander Keberle, Leiter Energie und Umwelt beim Verband, plädiert für eine «solidarische Kontingentierung».
Michael Töngi, Grünen-Nationalrat und Vizepräsident des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz, hält nichts von der Umkehrung der Prioritäten zugunsten der Wirtschaft. «Vorschriften für Privathaushalte zur Senkung der Raumtemperatur sind schwer kontrollierbar. Am Schluss bestrafen sie Mieterinnen und Mieter, die von einer Öl- oder Gasheizung abhängig sind und keine Chance haben, daran etwas zu ändern.»
Dennoch sieht Töngi auch bei den Haushalten ein grosses Sparpotenzial: «Dafür braucht es auch Kampagnen und Aufklärung. Ich sehe in diesem Bereich noch viele Möglichkeiten.» Es brauche aber gleichzeitig auch Massnahmen, um rascher aus der Abhängigkeit von Gas und Öl wegzukommen.
Damit Spar-Appelle bei der Bevölkerung eine gute Wirkung erreichten, müssten gleichzeitig weitere Massnahmen ergriffen werden, damit die Menschen abgesichert sind und ihre Probleme ernst genommen werden.
Töngi fordert eine Energiezulage für Personen mit kleinen Einkommen und individuelle Heizkostenabrechnungen. Bezüger von Ergänzungsleistung müssten ausserdem hohe Nachforderungen bei der Heizkostenabrechnung erstattet erhalten.
Mitte-Nationalrat Bregy: «Entschädigung für Unternehmen klären»
Auch Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy ist der Meinung, dass Appelle des Bundesrates an die Bevölkerung als erster Schritt wichtig seien. «In Notsituationen müssen alle ihren Teil leisten.»
Doch die Kontingentierung bei Haushalten sei nicht machbar. «Die praktische Durchsetzung und Prüfung von Kontingenten ist bei Unternehmen wohl einfacher. In der Praxis wird es wohl am einfachsten sein, wenn bei den Grossverbrauchern angesetzt wird». Hierfür müsste die Frage nach einer Entschädigung möglichst bald geklärt werden.