Mitte und Grüne sträuben sich gegen neue AKW
Magdalena Martullo-Blocher fordert mehr Strom aus der Kernkraft, um die Schweiz im Winter zu versorgen. Dafür gibt es Kritik – auch aus bürgerlichen Parteien.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Schweiz droht eine mangelnde Stromversorgung aufgrund des EU-Streits.
- Vonseiten der SVP wird jetzt gefordert, in Kernenergie und Gaskraftwerke zu investieren.
- Mitte- und Grünen-Politiker schütteln den Kopf und weisen auf die Sicherheitsfrage hin.
Die Stromversorgung ist ein grosses Sorgenkind des Bundes, seit er das Rahmenabkommen mit der EU beerdigt hat. Ein Stromabkommen sei unmöglich, die Importfähigkeit infrage gestellt, kommentiert der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen.
SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (GR) schlägt deswegen im «Blick»-Interview mehrere Alternativen vor, um die Schweiz lückenlos und auch im Winter mit Strom zu versorgen. Dabei spricht sie sich für die Verlängerung der Kernkraftwerk-Laufzeiten und gar für den Bau neuere AKW aus. Von erneuerbaren Energiequellen zeigte sie sich weniger begeistert.
«Dauert zu lange, ist zu teuer»
«Die Idee, ein neues AKW bauen zu wollen, ist absurd», erwidert Kurt Egger (Grüne/TG) auf Anfrage. «Das dauert zu lange und ist viel zu teuer – erneuerbare Energien sind deutlich günstiger.» Zum einen, so Egger, sei das Problem des radioaktiven Abfalls noch nicht gelöst. Und zum anderen habe das Stimmvolk mit dem Ja zur Energiestrategie den Bau neuer AKW abgelehnt.
«Die Winterstromproblematik ist nicht akut und mit der EU muss man sicher wieder ins Gespräch kommen», glaubt der Maschineningenieur. Die Grünen befürworten allem voran den Ausbau der Stromproduktion aus Fotovoltaik, Biomasseanlagen und Speicherseen.
Auch Mitte will an erneuerbaren Kurs festhalten
Eggers Energie-Kommissionskollege Stefan Müller-Altermatt (Mitte) unterstützt diese Argumentation – teilweise. Seiner Meinung nach müsse der Zubau von erneuerbaren Energien zustande kommen: «Es gibt gar keine andere Möglichkeit.»
Beim Strommangel sind sich die beiden jedoch uneinig. Müller-Altermatt gibt Martullo-Blocher recht. Aber: «Gerade, weil es so ein grosses Problem ist, haben wir Glück, haben wir in den letzten Jahren nicht auf die SVP gehört.» Der Solothurner spielt hier auf die Energiestrategie 2050 an, welche die SVP abgelehnt hatte.
Die Verlängerung der AKW-Laufzeiten halten sowohl der Grüne als auch der Mitte-Mann für «wenig sinnvoll», beziehungsweise «absolut kein Thema». Weil vorwiegend die Sicherheitsfrage im Vordergrund stehe.
Hier aber widerspricht Müller-Altermatts Parteikollege Nicolo Paganini (SG). Er begrüsse eine Diskussion zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten, wie er zu Nau.ch sagt.
Die Betreiber müssten jedoch Anreize aus der Politik erhalten, dass sich Investitionen in die Sicherheit lohnen. «Damit könnte die Laufzeit um beispielsweise 10 oder 20 Jahre verlängert werden», erklärt Paganini.