Nach BVG-Klatsche: So soll es jetzt weitergehen
Nach dem deutlichen Nein zur BVG-Reform komme kein neuer Anlauf, sagen Befürworter und Gegner. Rentenkürzungen seien vom Tisch.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Stimmvolk hat die BVG-Reform mit 67,1 Prozent abgelehnt.
- Befürworter und Gegner sind sich einig: So bald komme keine Neuauflage.
- Ganz vom Tisch seien Rentenkürzungen, sagen beide Seiten – und die zuständige Bundesrätin.
Die BVG-Reform hat das Stimmvolk hochkant abgelehnt, mit über 67 Prozent Nein-Stimmen. Und mit grossem Verständnis seitens der zuständigen Bundesrätin, die nun mit leeren Händen dasteht: «Es war auch schwierig», sagt Elisabeth Baume-Schneider im Nau.ch-Interview.
Ein Punkt scheint klar: keine Rentenkürzungen
Schwierig, weil stets die eigene Biografie im Zentrum stand: Wie viel bekomme ich? Das sei zwar positiv, findet die Bundesrätin, denn: «Politik ist Leidenschaft». Dabei sei aber kaum mehr über das System oder die Reform gesprochen worden.
Umgekehrt ist für die Sozialministerin klar, was die Bevölkerung am gestrigen Abstimmungssonntag der Politik mit auf den Weg geben wollte. «Ich glaube die Bevölkerung sagt, sie will keine Kürzung der Renten.»
Das sei wohl der Punkt, bei dem es Übereinstimmung in allen Lagern gebe: Bei der Senkung des Umwandlungssatzes. «Ich glaube, da sind alle einverstanden, dass es heutzutage nicht mehr so nötig ist.»
Arbeitgeber und Gewerkschaften pflichten bei
Auch Daniel Lampart, Chefökonom beim Gewerkschaftsbund, sieht die Rentensenkungen als Hauptaspekt für das Volks-Nein zur BVG-Reform. Selbst wenn es dereinst eine Neuauflage geben sollte: «Rentensenkungen in der zweiten Säule sind kein Thema.»
Der Arbeitgeberverband hat zwar für ein Ja zur BVG-Reform gekämpft. Aber sein Direktor, Roland A. Müller, sieht die Aussichtslosigkeit einer Senkung des Umwandlungssatzes unter den aktuellen Umständen ebenfalls: «Ja, es macht den Anschein, dass über Gesetzesreformen es fast nicht möglich ist, diesen zu verändern.»
Auch in den nächsten Jahren keine BVG-Reform mehr?
Einig sind sich die Sozialpartner auch: So schnell wird es keine Neuauflage einer wie auch immer ausgestalteten BVG-Reform geben. «Die zweite Säule wird in den nächsten Jahren so bleiben, wie sie ist», sagt Arbeitgeber-Direktor Müller.
Die Befürworter müssten sich nun erst einmal sammeln, sagt auch Gewerkschafter Lampart. Er befürchtet sogar, dass es bei der Finanzierung der 13. AHV-Rente nicht vorwärtsgeht.
Bundesrätin Baume-Schneider will sich mit allen Seiten austauschen. «Wenn jeder sagt, man braucht nichts zu machen: Okay!»
Sie selbst sähe aber durchaus Handlungsbedarf bei den Niedriglöhnen und Teilzeitarbeitenden. «Und die Lage der Frauen, die bei der Pensionierung sehr oft keine Zweite-Säule-Rente haben. Das muss auf dem Tisch bleiben», betont die Bundesrätin.
Es geht auch ohne BVG-Reform
Dringenden generellen Handlungsbedarf scheint dagegen kaum jemand zu sehen. Insbesondere nicht Daniel Lampart als Gegner der BVG-Reform: «Es ist ja so, dass in den Pensionskassen viele Reserven da sind. Diese muss man jetzt verwenden.»
Man könne diese für den Teuerungsausgleich verwenden oder das Vorsorgeguthaben der Arbeitnehmenden verstärken. Auch Arbeitgeber-Direktor Roland A. Müller sieht nicht nur Nachteile. Nun seien die Vorsorgeeinrichtungen selbst in der Verantwortung, ihre Rahmenbedingungen so zu setzen, dass sie über die Runden kommen.
Der Vorteil: Vorsorgeeinrichtungen seien sehr Arbeitgeber-nahe. «Entsprechend hat das sehr mit positiven Arbeitgeber-Bedingungen zu tun, sodass hier der Arbeitgeber mehr Handlungsspielraum hat.»
Sorge bereiten Müller aber die 15 Prozent Pensionskassen, «die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben». Lies: Die nicht im Überobligatorium tätig sind. Diese würde in eine unschöne, unfaire, ungewollte Quersubventionierung von Jung zu Alt gedrängt.