Neuer Shitstorm gegen SVP-Aeschi wegen Flüchtlings-Kommentar
Sinti und Roma mit «nagelneuen» ukrainischen Pässen: Der Hinweis von SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi sorgt für Empörung.
Das Wichtigste in Kürze
- SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi wird erneut mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert.
- Aeschi verweist auf Berichte über «Sinti & Roma» mit ukrainischen Pässen, die echt seien.
- Gegenüber Nau.ch erläutert er, was seine Beweggründe sind.
SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi sieht sich erneut mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert. Bereits vor zwei Wochen las im SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer in der «SRF Arena» die Leviten. Aeschi hatte zuvor am Nationalrats-Podium mit einer Aussage über vergewaltigende «Nigerianer oder Iraker mit ukrainischen Pässen» für Kritik gesorgt. Die Grünen boykottierten daraufhin die Arena-Diskussion, nach der Ausstrahlung zog sich die SVP «bis auf Weiteres» von der Politsendung zurück.
«Nur ein Bruchteil sind wirklich ukrainische Flüchtlinge»
Neuster Stein des Anstosses ist ein Tweet Aeschis, in welchem er auf einen Artikel der Bild-Zeitung verweist. Darin berichtet eine anonym bleibende bayrische Polizistin von einem Einsatz in einer Flüchtlingsunterkunft. Die Polizei wurde gerufen, weil ein Streit eskalierte. Offenbar ging es um die Verlegung von Teilen einer Grossfamilie mit einer Hautkrankheit.
Das Hauptanliegen der Polizistin ist aber, dass nur ein Bruchteil der Ankommenden ukrainische Flüchtlinge seien. Es gebe auch Grossfamilien, die den Sinti und Roma zugeordnet würden. «Die haben nagelneue Pässe, die auch echt sind. Da verdient sich gerade jemand in der Ukraine eine goldene Nase», wird sie zitiert.
Roma-Minderheit in der Ukraine
Wohlmeinende Twitter-User weisen Thomas Aeschi darauf hin, dass neue Pässe bei Flüchtlingen nichts Aussergewöhnliches seien. Selbst das für die bayrische Polizistin sehr suspekte Verwenden der Roma-Sprache Romanes lässt sich erklären.
Romanes ist eine der über einem Dutzend Minderheitensprachen in der Ukraine. Je nach Quelle leben dort zwischen einigen Zehn- bis einigen Hunderttausend Roma. Die weniger netten Kommentierenden werfen Aeschi dagegen erneut Rassismus vor. Für sie ist klar: Aeschi unterstellt, Sinti und Roma könnten gar nicht echte Flüchtlinge seien.
Dazu passt die Reaktion des Berner SVP-Lokalpolitikers Alexander Feuz. Dieser will unbedingt geklärt haben, seit wann die Flüchtlinge die Pässe besitzen und wie gut sie Ukrainisch sprechen. Obwohl sie als Ukrainer unter anderem auch Russisch, Ungarisch, Krim-Tatarisch oder sogar Deutsch sprechen könnten.
Die Pässe waren indes auch Thema am Point de Presse vom vergangenen Dienstag. David Keller vom SEM bestätigte, dass man die Pässe und das Matching mit den entsprechenden Personen sehr genau anschaue. Zu konkreten Verdachtsmomenten nahm er keine Stellung.
Thomas Aeschi: «Muss genau hinschauen»
Wohlgemerkt: Thomas Aeschi sagt, beziehungsweise schreibt, nichts von alledem. Er zitiert lediglich den Bild-Artikel und die anonymen Aussagen einer bayrischen Polizistin. In diesem Sinne will er seinen Tweet auch verstanden wissen, wie er gegenüber Nau.ch auf Anfrage sagt.
«Es zeigt sich einfach das, was ich damals davor gewarnt habe: Man muss bei den Pässen genau hinschauen.» So wie Aeschi auch in der «SRF Arena» forderte, keine Kriminellen im Schlepptau der wahren Kriegsflüchtlingen reinzulassen. Nur scheinen sowohl politische Gegner wie SVP-Mitglieder seinen Tweet anders verstanden zu haben: als pauschale Verdächtigung gegenüber Sinti und Roma.