Neutralität: «Pro Schweiz» darf Bild des IKRK nicht verwenden
«Pro Schweiz» wirbt unberechtigterweise mit einem Logo des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Nun muss das Bild von der Webseite entfernt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Verein «Pro Schweiz» bewirbt seine Haltung zur Neutralität mit einem Bild des IKRK.
- Juristisch betrachtet ist die Verwendung des Logos des Roten Kreuzes problematisch.
- Man werde das Bild von der Webseite entfernen, sobald ein passender Ersatz gefunden sei.
Seit fast 40 Jahren kämpft die Vereinigung «Pro Schweiz» laut eigener Aussage für Freiheit, Demokratie, Föderalismus, Neutralität und Unabhängigkeit. Gegründet wurde der Verein 1986 als «Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz» (Auns). Unter anderem zählte auch SVP-Doyen und Alt-Bundesrat Christoph Blocher zu den Gründungsmitgliedern.
Derzeit ist der Verein mit der Unterschriftensammlung für die «Neutralitätsinitiative» beschäftigt. Das Volksbegehren soll die Schweizer Neutralität stärken, indem unter anderem der Verzicht auf militärische Zwangsmassnahmen in der Bundesverfassung verankert wird.
«Neutralität» sorgt für Konflikt mit IKRK
Ausgerechnet dieses Thema sorgt nun für Unstimmigkeiten zwischen «Pro Schweiz» und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Denn die politische Organisation bewirbt ihre Haltung zur Neutralität mit einem Bild des IKRK-Hauptsitzes. Was auf den ersten Blick naheliegend scheint, stört die derart Geehrten.
Die Verwendung der Symbole und Logos des IKRK ist gesetzlich klar geregelt: In bewaffneten Konflikten sind sie sichtbare Zeichen für den Schutz, den das Völkerrecht medizinischen Diensten der Streitkräfte gewährt. Andererseits dürfen die nationalen Zweigstellen der Organisation das Symbol verwenden, um sich als Teil des globalen Netzwerkes auszuweisen.
Wie das IKRK gegenüber Nau.ch bestätigt, darf «Pro Schweiz» das Logo des Roten Kreuzes nicht verwenden: «Das IKRK hat die Organisation aufgefordert, das Bild von ihrer Website zu entfernen. Ganz allgemein kann das IKRK als juristische Person verlangen, dass seine Persönlichkeit geschützt wird, auch gegen den Missbrauch seines Bildes.»
Neutralität als «operative Notwendigkeit»
Auf Anfrage erklärt das IKRK: Die Neutralität stelle für sie keine Werthaltung dar, sondern eine «operative Notwendigkeit». Sie ermögliche es den Rotkreuzorganisationen, die Frontlinien in bewaffneten Konflikten zu überschreiten, um lebensrettende Hilfe zu leisten. Alle Seiten würden von der Neutralität profitieren, so das IKRK.
Folglich ist die Neutralität ein Prinzip, das auch für die humanitären Aufgaben des IKRK einen wichtigen Grundpfeiler darstellt. Allerdings wird die humanitäre Organisation auf der gesamten Webseite von «Pro Schweiz» in keinem Wort erwähnt. «Pro Schweiz» unterhält keinerlei Verbindungen zum Roten Kreuz, wie beide Seiten bestätigen.
«Pro Schweiz»-Geschäftsführer bestätigt den Sachverhalt
Gegenüber Nau.ch bestätigt «Pro Schweiz»-Geschäftsführer Werner Gartenmann, das IKRK habe ihn darum erbeten, das Symbol von der Webseite zu entfernen. «Pro Schweiz» werde diesem Wunsch nachkommen – sobald ein entsprechender Ersatz gefunden sei.
Dennoch betont Gartenmann: «Der Wunsch ist für mich unverständlich. Wir setzen uns für eine glaubwürdige Neutralität und die humanitäre Hilfe und Friedensdiplomatie ein, frei von bizarren Panzerlieferungsdebatten.»
«Grossartiges Symbol für eine glaubwürdige Neutralität»
Der Zusammenhang zwischen der Neutralität und dem IKRK sei für jeden klar, der ihn erkennen wolle. «Vielleicht wird der Sachverhalt «Neutralität-IKRK» in der Schule nicht mehr gebührend vermittelt», so Gartenmann. Dass «Pro Schweiz» sich gerade für dieses Symbol entschieden habe, liege auf der Hand: «Das IKRK ist das grossartige Symbol für eine glaubwürdige Neutralität der Schweiz.»
Die Webseite von «Pro Schweiz» ist insgesamt sehr professionell gestaltet: Vor dem Hintergrund der Berner Alpen ein weisses Kreuz auf rotem Grund, daneben der Vereinsname in vier Sprachen. Darunter flimmern die Worte Eigenständigkeit, Freiheit, Neutralität, Selbstständigkeit und Weltoffenheit abwechslungsweise in tiefroten Buchstaben über den Bildschirm. Auch künftig dürfte der Verein bestens in der Lage sein, seine Anliegen gebührend zu bewerben – mit oder ohne IKRK-Titelbild.
