Nik Gugger: Bundesrat nimmt Datenschutz unserer Schüler nicht ernst
Daten von Schülern werden auf ausländischen Servern gespeichert. Das ist problematisch, warnt EVP-Nationalrat Nik Gugger. Er ist unzufrieden mit dem Bundesrat.
Das Wichtigste in Kürze
- Schulen setzen bei IT und Software auf günstige Google-Produkte: das ist problematisch.
- Nik Gugger befürchtet, dass der Verkauf der Infos über Schüler zu Beeinträchtigung führt.
- Er fordert daher eine nationale Strategie, um die Privatsphäre der Schüler zu schützen.
Nils, achteinhalb, Bettnässer. Naomi, neun, Legasthenikerin. Noah, zehn, Vater Alkoholiker. Schulen sammeln je nach Kanton unterschiedlichste Daten über ihre Schüler. Und speichern diese auf Servern.
Die gespeicherten Angaben reichen vom Gesundheitszustand, Allergien, Noten, Verhalten und Religion der Schüler, bis zu Angaben über die Eltern wie Beruf, Herkunft, Zivilstand, AHV-Nummer, Email-Adresse und Telefonnummer. Geraten diese Informationen in die falschen Hände, können sie für die Schüler später – als Erwachsene – zum Stolperstein werden. Umso entscheidender also, wo die Schulen und Behörden diese sensiblen Informationen abspeichern.
Google wertet Daten aus und verkauft sie
Doch: Die meisten Schulen arbeiten im IT-Bereich mit grossen Unternehmen wie Google zusammen. Der amerikanische Tech-Konzern ist besonders für Gemeinden mit kleinem Budget attraktiv. Die Verwendung des Maildienstes Gmail, den Chromebooks als Schul-Laptops, der Online-Lernplattform Classroom oder Cloud-Servern sind einfach und billig.
Allerdings auch problematisch. Die Daten landen nämlich auf Servern im Ausland – und werden dort ausgewertet. Denn das Geschäftsmodell von Google funktioniert auf Basis von personalisierter Werbung.
Und nicht nur das: Die US-Regierung hat ein gesetzliches Recht auf den Zugang auf alle von US-Firmen gespeicherten Daten, egal ob sie auf Servern in den USA oder sonst wo gespeichert sind. Heisst: Auch wenn die Daten in der Schweiz gespeichert würden, unterstehen sie der US-Gesetzgebung.
Nik Gugger: Daten über Schweizer Schüler nur Schweizer Gesetz unterstellt
EVP-Nationalrat Nik Gugger warnt daher: «Google kann das Ausbildungspotential junger Menschen in der Arbeitssuche bewerten und diese Daten weiterverkaufen. Oder aber der Arbeitgeber lehnt einen Schüler ab, weil er Kenntnis über die Verwarnung hat, die ihm die Schule wegen Biertrinken auf dem Schulareal gegeben hat.»
So futuristisch wie es tönt ist es nicht: Im September hat Google angekündigt, dass die Job-Funktion in der Google-Suche, nun auch für Jobsuchende in der Schweiz verfügbar sei. Dabei kooperiert Google mit zahlreichen Partnern wie jobs.ch, jobscout24 oder Yousty, der grössten Lehrstellenplattform der Schweiz.
Für Datenschutz-Politiker Gugger ist klar: «Ich finde es unabdingbar, dass wir in der Bildung unserer Kinder unabhängig von Google sind und sicherstellen, dass diese Daten nur in der Schweiz gesammelt werden und einzig unter Schweizer Gesetzgebung stehen.»
Bundesrat soll Schülerdaten schützen
Doch es harzt: Der Bund ist seit Monaten mit Google in Verhandlung, bisher ohne Resultat. Ausgerechnet der Datenschutz ist offenbar die Knacknuss. Der Bundesrat vertritt die Ansicht, dass diese Frage ohnehin in die Zuständigkeit der Kantone, Gemeinden und Schulen liege. Das schreibt er jüngst auf einen Vorstoss Guggers zum Thema. Auch der Bund stufe die Datensicherheit indes in mehreren Politikbereichen als prioritär ein, wie er schreibt.
Der EVP-Nationalrat ist mit der Antwort des Bundesrats unzufrieden. «Weil kommunale Datenschutzbeauftragte mit der juristischen Maschinerie dieser grossen Unternehmen zum Teil überfordert sind, ist nun der Bund gefragt.» Die bisherigen Vorlagen seien kaum durchsetzbar und genügten zudem nicht, so Gugger.
In den meisten Kantonsparlamenten kommen Vorstösse zum Schutz von Schülerdaten gar nicht durch, weil den meisten Akteuren die Problematik zu wenig ernst genommen werde. Ausnahme ist der Kanton Bern. Doch auch der Bundesrat – so Nik Gugger – nimmt «diese neuen Herausforderungen unserer digitalisierten Gesellschaft für unsere Kinder zu wenig ernst!»