Juso

Nonbinär oder bisexuell: Kampfwahl ums Juso-Präsidium

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Die Jungsozialisten suchen eine Nachfolge für den Präsidenten. Dass es ganz bestimmt kein Hetero-Mann wird, ist kein Zufall.

Jakub Walczak Mirjam Hostetmann
Jakub Walczak (links) und Mirjam Hostetmann (rechts) kandidieren beide für das Juso-Präsidium. - zvg / keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Juso Schweiz wählt morgen ein neues Präsidium.
  • Die beiden Kandidierenden sind nonbinär beziehungsweise bisexuell.
  • Beide wettern gegen den Kapitalismus und haben Mühe mit der Mutterpartei, der SP.

Mit 27 Jahren ist man auch nicht mehr der Jüngste – jedenfalls als Präsident der Jungsozialisten (Juso). Nicola Siegrist tritt deshalb zurück und will «der nächsten Generation Platz machen». Was im Fall der Juso heisst: Es gibt eine Kampfwahl und die wird ganz schön bunt.

Juso-Heteros in der Minderheit

Am morgigen Samstag wählen die Jusos an der ausserordentlichen Jahresversammlung in Solothurn das neue Präsidium. Zwei Personen kandidieren: Jakub Walczak aus Bern und Mirjam Hostetmann aus Obwalden. Walczak ist erst 19, Hostetmann ist 24 Jahre alt.

Doch für Aussenstehende fällt vor allem auf: Hier tritt eine nonbinäre Person gegen eine bisexuelle Frau an.

Nicola Siegrist WEF Juso
Der abtretende Juso-Präsident Nicola Siegrist bei einer Demo am WEF in Davos GR am 14. Januar 2024. - keystone

Damit ist nicht etwa im Voraus schon klar, dass das neue Juso-Präsidium etwas ausgefallen, exotisch oder nicht repräsentativ ausfallen wird. Im Gegenteil. «Die meisten unserer aktiven Mitglieder sind queer», sagt Noch-Präsident Nicola Siegrist in der «NZZ am Sonntag». Walczak und Hostetmann sind quasi Juso-Mainstream.

Gegen Kapitalismus – und gegen die SP

In ihren Motivationsschreiben versuchen die beiden, eine Mehrheit der Jungsozialisten für sich zu gewinnen. Dabei sind aber Unterschiede nur in Nuancen feststellbar: Walczak schreibt von der «Überwindung des Kapitalismus» und sonst so ziemlich allem, Hostetmann sieht die Kommunistische Partei Österreich als Inspirationsquelle.

Beide wollen den Kampf auf die Strasse tragen, versprechen, eine noch aufmüpfigere Juso zu formen. «Beispielsweise in Form von Blockaden von Banken und der Fossilindustrie», schreibt Hostetmann. Es brauche eine «revolutionäre, systematische und radikale Änderung unserer Gesellschaft», findet Walczak.

Wen sollte die Juso deiner Ansicht nach ins Präsidium wählen?

Insbesondere kritisiert wird aber die eigene Mutterpartei, die SP. Walczak betrachtet die beiden SP-Bundesratssitze kritisch. Hostetmann fordert, die SP müsse «aus dem Bundesrat zurücktreten und erst wieder zurückkommen, wenn im Parlament linke Mehrheiten bestehen».

Die Juso müsse die SP auf den richtigen Weg bringen und den SP-Kuschelkurs beenden (Hostetmann). Denn die Juso sei nicht nur der «Stachel im A*** der SP» (Walczak) und schon gar nicht deren «Kaderschmiede» (Hostetmann). Denn die Taktik, radikale Jusos in die SP einzuschleusen, habe nicht funktioniert (Walczak): Diese hätten nicht die SP verändert, sondern seien von der SP verändert worden.

Baustelle Romandie

Beide Kandidierenden geben sich sprachgewandt: Wolzak, in Polen geboren, führt Kenntnisse in fünf Sprachen im Lebenslauf auf, Hostetmann in deren drei. Sie ist es dagegen, die die Benachteiligung der «Suisse Latine» innerhalb der Juso anspricht.

Vordergründig sichtbar wird diese anhand der bisherigen Präsidenten und Präsidentinnen: Wermuth (Aargau), Roth (Luzern), Molina (Zürich), Funiciello (Bern), Jansen (Baselland) und Siegrist (Zürich).

Vielleicht bräuchte die Juso nicht ein nonbinäres oder bisexuelles Präsidium aus Bern oder Obwalden, sondern, als Minderheitsvertreter, einen welschen Hetero-Mann. Oder vielleicht wird die Juso-Präsidiumssuppe auch gar nicht so heiss gegessen, wie sie geköchelt wird.

Immerhin sind vier der sechs Bisherigen mittlerweile gestandene Mitglieder des Nationalrats für die ach so kritisierte SP. Jansen und Siegrist sitzen für die SP in den jeweiligen Kantonsparlamenten. Oder hat Walczak recht, dass die SP die Jusos einfach assimiliert? So gut, dass sie Co-Präsidentin der SP Frauen (Funiciello) oder Co-Präsident der SP Schweiz (Wermuth) werden?

Halt doch Kaderschmiede.

Kommentare

Steph Kummer

"Nonbinär gegen bisexuell", ist ja logisch, normal geht in dieser Partei nicht. Da werden hetis ausgeschlossen. Ist das nicht rassistisch?

User #4854 (nicht angemeldet)

Abstimmungsmotto: Not gegen Elend.

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