Olympia 2022: Streit im Bundeshaus um Schweizer Boykott
Das Wichtigste in Kürze
- Die Grünen fordern einen diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele 2022 in Peking.
- Die USA und Australien haben dies wegen Menschenrechtsverletzungen Chinas so beschlossen.
- Bürgerliche Politiker warnen, dies sei wirkungslos und schade dem Sport.
Die Olympischen Winterspiele in Peking folgen nur ein Jahr nach den Pandemie-bedingt verschobenen Sommerspielen von Tokyo. Auch in China werden Einschränkungen wegen dem Coronavirus allgegenwärtig sein. Die USA verzichten nun gänzlich darauf, diplomatische Vertreter an die Spiele zu schicken. Aber nicht wegen Corona, sondern aus Protest gegen Menschenrechtsverletzungen Chinas.
Bundesrat soll gegenüber China Zeichen setzen
Australien, Kanada und Grossbritannien haben sich diesem diplomatischen Boykott bereits angeschlossen, Japan und Deutschland ziehen ihn in Erwägung. Dabei geht es nicht einmal um den aktuellen Eklat rund um die vorübergehend verschwundene Tennisspielerin Peng Shuai. Sondern um die «zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, sei es bei den Uiguren, Tibet, Hongkong, aber auch Taiwan», erläutert Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan.
Arslan fordert in einem Vorstoss, dass sich der Bundesrat dem Boykott anschliesse. «Wir verlangen nicht mehr, als dass der Bundesrat ein Zeichen setzt und weiterhin im Dialog bleibt, aber auf politischer Ebene.» Bei der Beantwortung eines Vorstosses von SP-Nationalrat Fabian Molina im September wollte sich der Bundesrat diesbezüglich nicht festlegen. Jetzt wird Aussenminister Ignazio Cassis wohl in der Fragestunde vom Montag Stellung nehmen müssen.
Schweiz hätte Olympische Spiele haben können
FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen hält dagegen wenig von der Forderung der Grünen. «Mit einem diplomatischen Boykott verpolitisiert man nur die Spiele zulasten des Sports, denn über diesen redet nachher niemand mehr.» Einerseits habe ein Boykott null Effekt, warnt auch Roland Büchel (SVP). «Die Politiker machen sich viel zu wichtig, denn die Sportler regen sich auf, wenn allzu viele Diplomaten herumstolpern.»
Andererseits, betonen beide, habe man es in der Hand gehabt, Olympische Spiele in Peking zu verhindern. Nämlich mit Schweizer (Graubünden/Wallis) oder europäischen Kandidaturen: Stockholm, Oslo, Garmisch/München, zählt Büchel auf, die alle zurückgezogen wurden.
«Man muss ja froh sein, dass diese Spiele überhaupt jemand organisiert», bilanziert Büchel. Und Wasserfallen, mit einem Seitenhieb an die linken und grünen Olympia-Gegner: «Also erst einmal vor der eigenen Türe kehren.»
Spielchen spielen und verspielen
Während China gegenüber den USA und Australien nun verärgert bis herablassend reagiert, findet Arslan es durchaus wichtig, Zeichen zu setzen. Die betroffene Bevölkerung in solchen Ländern sei immer froh, vom Ausland solche Signale zu erhalten. «Auch wenn die Regierungen dann verärgert sind – das ist verständlich – aber erst dann können sie sich auch bewegen.»
Die Menschenrechtsvorwürfe seien durchaus nachvollziehbar und müssten nicht nur angesprochen, sondern auch bearbeitet werden, bestätigen sowohl Büchel wie Wasserfallen. Jetzt im Machtpoker der Grossmächte mitspielen zu wollen, wäre aber falsch, warnt Büchel.
«Wir müssen genau dann zur Stelle sein, wenn der Konflikt da ist und sie sich bei uns treffen wollen. Wenn wir jetzt diese Spielchen mitmachen, verspielen wir uns das.» Neutral zu sein heisse aber nicht, sich nicht für Menschenrechte starkmachen zu dürfen, entgegnet Arslan. «Wir haben die humanitäre Tradition und sollen uns gemäss unserer Verfassung auch für Menschenrechte im Ausland einsetzen.»