Plakat-Flaute vor dem Monster-Abstimmungssonntag
Das Wichtigste in Kürze
- Am 27. September stimmt das Volk gleich über fünf heisse Eisen ab.
- Doch zu Begrenzungsinitiative, Kampfjets & Co. hängen noch keine Abstimmungsplakate.
- Kommt nach den Ferien der kürzeste und heftigste Abstimmungskampf?
Der Bundesrat hat vorgelegt: Einerseits hat er gleich fünf Vorlagen auf den Abstimmungssonntag vom 27. September terminiert. Andererseits haben die Bundesräte Keller-Sutter, Sommaruga, Maurer und Amherd bereits die jeweiligen Abstimmungskampagnen lanciert. Bei Begrenzungsinitiative, Jagdgesetz, Kinderzulage und Kampfjets läuft die Maschinerie bereits.
Nur der Vaterschaftsurlaub wurde noch nicht bundesrätlich gewürdigt. Während sich der Bundesrat nach getaner Arbeit in die Sommerpause verflüchtigt, haben die Abstimmungskomitees noch kaum ein Plakat aufgehängt. Droht uns im August, angesichts der Popularität der Themen, der kürzeste und heftigste Abstimmungskampf aller Zeiten?
Heftig – und ein Blindflug
Wirklich kurz seien sieben Wochen nicht, aber heftig…: «Ja, das ist so», meint ein Kampagnenleiter aus dem bürgerlichen Lager fast etwas schulterzuckend. Bei der SP relativiert Co-Geschäftsleiter Michael Sorg: «Klar, fünf aufs Mal ist aussergewöhnlich, aber ist auch schon vorgekommen.» Aber auch Sorg findet es heftig: «Plus die ganze Corona-Situation, da wissen wir nicht, wie das wird – das ist für alle ein Blindflug.»
Das Coronavirus hat den Befürwortern des Jagdgesetzes schon längst einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn eigentlich war man bereits im Frühling voll im Abstimmungskampf für den nachträglich gestrichenen Abstimmungstermin Ende Mai. Aber dann schlief alles ein, sagt der Präsident von JagdSchweiz, Anton Merkle: «Wegen dem Lockdown war nichts mehr möglich und Videokonferenzen haben nur einen beschränkten Nutzen.»
Erst mal Lust auf Pause
Ähnlich erging es der Nein-Kampagne zur SVP-Begrenzungsinitiative von Economiesuisse. Im August starte man, sagt Kampagnenleiter Oliver Steimann. «Wir gehen davon aus, dass die Leute im Juli erst mal Lust auf Pause haben, nach dieser turbulenten Phase.»
Aber: «Die mediale Debatte läuft schon viel länger. Eigentlich ist es ja im Februar schon losgegangen.» Allerdings sei es eh unüblich, länger als sieben-acht Wochen mit Plakaten präsent zu sein: «Das lässt sich kaum finanzieren», sagt Steimann. Schon gar nicht, wenn man die SP ist: «Wir haben sowieso kein Geld, um grossflächig Plakate zu kleben», klagt Sorg.
Geld allein macht auch nicht Stimmung
Selbst wenn das Geld theoretisch vorhanden wäre, mache ein zu früher Abstimmungskampf wenig Sinn, heisst es bei SP und Economiesuisse. «Fällt eine Ferienpause mitten in einen Abstimmungskampf, lohnt es sich nicht, vorher viel Geld auszugeben», sagt Steimann. «Der Effekt verpufft erfahrungsgemäss.»
Eine andere Strategie wählen die Jäger – wohl auch, weil sie um Aufmerksamkeit buhlen müssen gegen SVP-Initiative und Kampfjets. «Demnächst werden wir die Kampagne mit den Plakaten lancieren», lässt Anton Merkle durchblicken.
Ein taktisches Kalül, das aufgehen könnte: Bei den Wolfsfreunden und Jagdgesetz-Gegnern war niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Trotz gleich mehrerer Komitees haben wohl nicht nur Stimmvolk, sondern auch Politstrategen «mal Lust auf Pause».
Der frühe Vogel fängt den Wurm, der frühe Jäger schiesst den Bock. Einen Wermutstropfen hat das zeitige ankurbeln der Drucksachenzentrale, weiss Merkle. «Leider mussten wir bei allen Plakaten das Datum wechseln wegen der Verschiebung der Abstimmung auf den September 2020.»