Prämienschock 2024: Wer ist verantwortlich?
Die Prämien steigen nächstes Jahr einmal wieder an. Alle zeigen mit dem Finger aufeinander und auf andere Ursachen für den Anstieg – auch die Politiker.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Anstieg der Krankenkassenprämien nächstes Jahr wird im Schnitt 8,7 Prozent betragen.
- Für einen Grossteil der Bevölkerung ist das ein happiger Betrag. Doch wer ist Schuld?
- Die SP zeigt auf Mitte-rechts, die SVP auf Zuwanderer und Berset, die FDP auf alle.
Am Dienstagnachmittag hat Gesundheitsminister Alain Berset den Prämienanstieg für das Jahr 2024 verkündet: Die Krankenkassenprämien schiessen um durchschnittlich 8,7 Prozent in die Höhe!
In Anbetracht der ohnehin angespannten Lage im Portemonnaie der Bevölkerung stellt dieser Prämienhammer für viele Haushalte eine regelrechte Hiobsbotschaft dar. Schnell drängt sich die Frage auf: Wer hat diesen Prämienanstieg zu verantworten? Weshalb hat die Politik nicht ausreichend korrigiert?
SP klagt über Mitte-Rechts-Blockade
SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen (BE) spricht von einem besorgniserregenden, heftigen Prämienanstieg: «Für viele Haushalte ist die Schmerzgrenze mehr als überschritten.»
Punkto Schuldzuweisung sagt Wasserfallen: «Mitte-Rechts hat Massnahmen wie eine Anpassung der Prämienverbilligung oder gegen überhöhte Medikamentenpreise abgeschmettert.»
Links-grün stehe «einer unglaublich starken Gesundheitslobby gegenüber, die in diesem 83-Milliarden-Markt gute Profite macht», sagt Wasserfallen. Diese Lobby habe mithilfe der Mitte, FDP und SVP alle Vorschläge abgelehnt, eine «Blockade» errichtet.
Die Schuldfrage sei deshalb schnell beantwortet, so die Politikerin: «Alain Berset ist nur der Überbringer dieser schwierigen und schlechten Nachricht.»
Die Sozialdemokratin hofft deswegen auf eine Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament nach den Wahlen im Oktober. Und dann «können wir nächstes Jahr über die Prämienentlastungsinitiative der SP abstimmen». In naher Zukunft wolle Wasserfallens SP auch die Einheitskasse wieder aufs Tapet bringen.
Mitte: «Offenbar schaffen wir es einfach nicht»
Aus der Mitte tönt es ganz anders. «Schuldzuweisungen bringen gar nichts», sagt Nationalrätin Marianne Binder (AG). Sonst komme man genau in diese Schuldzuweisungs-Bürokratie. «Dann sagt einfach jeder, die anderen seien Schuld.»
Die Mitte-Politikerin fährt fort: «Es besteht natürlich die Schwierigkeit, dass die zuständigen Akteure nicht dort bereit sind zu sparen, wo sie selbst betroffen sind». Binder preist deswegen die Kostenbremseinitiative der Mitte an: «Da setzt die Initiative an. Alle Player müssen miteinander das Sparpotenzial ausschöpfen.»
Fest stehe nämlich: Dieses Potenzial sei beim Medikamentenverschleiss oder beim elektronischen Patientendossier vorhanden. «Und hier sind nicht die einen oder die anderen die Schuldtragenden», sagt Binder. «Hier muss die Politik die Rahmenbedingungen setzen.»
Für FDP sind alle schuld
Für FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt ist die Schuldfrage darum ebenfalls klar. «Schuld sind wir alle: Die Politik, aber auch die Akteure im Gesundheitswesen», sagt er. «Anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten wir uns alle an der eigenen Nase nehmen. Die FDP fordert, dass mit dem ‹all you can eat› auf Kosten aller im Gesundheitswesen Schluss ist.»
Silberschmidt fordert deswegen die Einführung einer Budget-Krankenkasse: Diese soll die Eigenverantwortung stärken und die Prämien für den Mittelstand senken. Die Budget-Krankenkasse würden etwa «eine Generikapflicht oder Mehrjahresverträge» mit sich bringen. «Noch mehr Regulierung und Umverteilung wird die Kosten nicht senken – im Gegenteil», sagt der Freisinnige.
SVP zeigt auf Berset und die Zuwanderung
Auf Anfrage verweist SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) auf das Communiqué seiner Partei, das gestern verschickt wurde. In diesem macht die SVP Alain Berset hauptverantwortlich für den Riesenanstieg bei den Prämien.
Aber nicht nur: «Der grösste Kostentreiber in dieser Kette ist vor allem die masslose Zuwanderung», heisst es. «Die SVP Schweiz fordert: Wer zuwandert, soll zuerst einen solidarischen Beitrag in unser Gesundheitssystem leisten.»
Zuwanderer sollen also «deutlich höhere Prämien oder Franchisen» bezahlen, so der Vorschlag.