EU

Rahmenabkommen: Bund plant geheime Krisensitzung

Felix Müller
Felix Müller

Bern,

Am Freitag will die EU das Rahmenabkommen abschliessen. Die Schweiz braucht Zugeständnisse - und will an einer geheimen Sitzung diskutieren, diese zu kaufen.

parmelin cassis rahmenabkommen
Reist er mit Parmelin? Ignazio Cassis soll dem Bundespräsidenten beim entscheidenden Treffen mit Ursula von der Leyen den Rücken stärken. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Freitag will die EU die Verhandlungen zum Rahmenabkommen abschliessen.
  • Die Schweiz braucht dabei aber Zugeständnisse von Ursula von der Leyen.
  • An einer geheimen Krisensitzung soll jetzt ein radikaler Plan B diskutiert werden.

Im Trubel über die Lockerungen der Corona-Massnahmen ging ein anderes Thema gestern fast komplett unter. Noch bevor der Bundesrat am Nachmittag vor die Medien trat, beriet er stundenlang und erfolglos über das zweite grosse Sorgenkind der Schweiz: Das EU-Rahmenabkommen. Im Europa-Poker werden gerade die letzten Karten verteilt, aber die Schweizer Hand macht wenig Hoffnung auf den Jackpot.

EU-Rahmenabkommen
Die Verhandlungen über eine Rahmenabkommen mit der EU wurden vom Bundesrat beerdigt. - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Geheime Krisensitzung am Montag?

Der «Tagesanzeiger» will jetzt herausgefunden haben, dass der Bundesrat am Montag eine «geheime Krisensitzung» einberufen wird. Dabei sollen elementare Fragen geklärt werden, zum Beispiel, wer überhaupt nach Brüssel fährt. Bundespräsident Guy Parmelin scheint aus protokollarischen Gründen gesetzt. Aber begleitet ihn Aussenminister Ignazio Cassis?

Bundesratssprecher Simonazzi wollte das Treffen nicht öffentlich bestätigen. Unbestritten ist, dass bis am Freitag noch einiges geklärt werden muss. Obwohl das Rahmenabkommen seit Wochen zuoberst auf der Traktandenliste der Landesregierung steht, stecken die Verhandlungen fest.

Deal or No Deal

Die Schweiz hadert in drei Punkten mit der Vorlage. Sie will, dass der Lohnschutz grundsätzlich so bleibt, wie er ist. Auch die Unionsbürgerrichtlinie, welche EU-Ausländer einfacher an die Schweizer Sozialhilfe kommen lässt, will der Bundesrat nicht annehmen.

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In der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie zeichnet sich ein Nachkrisen-Boom ab. - Keystone

Ausserdem will Brüssel bei staatlichen Beihilfen, also Steuererleichterungen und Vergünstigungen für Unternehmen, die Schweiz überwachen und sanktionieren können. Hier wehren sich vor allem die Kantone mit Händen und Füssen dagegen.

Der Bundesrat ist nicht bereit, das Abkommen ohne diese Zugeständisse zu unterzeichnen. In all diesen Punkten braucht es darum vor allem Kompromissbereitschaft von Ursula von der Leyen. Dass diese bei den durchaus entscheidenden Punkten der Schweiz entgegenkommt, wird in Bundesbern aber stark bezweifelt.

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will das Rahmenabkommen nach sieben Jahren endlich vom Tisch haben. - dpa-infocom GmbH

Der EU-Chefin wurde zuletzt beim Debakel um die Impfstoff-Beschaffung vorgeworfen, zu wenig hart verhandelt zu haben. Dass sie jetzt beim Rahmenabkommen mit der kleinen Schweiz zu grossen Zugestänissen bereit ist, scheint unwahrscheinlich.

Ausdruck dafür ist auch, dass nach dem 23. April keine weiteren Termine mit der Schweiz im vollen Terminkalender der Kommissionschefin geplant sind. Das Thema soll nächste Woche also erledigt sein.

Radikaler Plan B

Unter Zeitdruck soll der Bundesrat deshalb aktuell einen radikalen Plan B prüfen: Das Rahmenabkommen könnte komplett fallen gelassen werden. Wie man der EU aber schonend beibringen soll, dass man sieben Jahre lang für gar nichts verhandelt hat, ist unklar. Auch die wirtschaftlichen Folgeschäden müssten abgefedert werden, etwa durch die Aktualisierung von Marktzugangs- oder Freihandelsabkommen.

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Der Vorschlag zur Zahlung der Kohäsionsmilliarde stammt vom St. Galler Mitte-Ständerat und Regierungsrat Benedikt Würth. - Keystone

Ein im Aussendepartement diskutierter Lösungsansatz dafür wäre, dass sich die Schweiz den Goodwill der EU erkauft. Die blockierten Kohäsionszahlungen von 1,3 Milliarden Franken an die EU könnten freigegeben werden. Diese argumentiert aber, dass ihr dieses Geld sowieso zusteht. Der Bundesrat will darum darüber diskutieren, noch das eine oder andere Milliönchen drauf zu legen.

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