Schweizer Geheimdienst-Chef warnt vor radikalisierten Teenies
Die Schweiz hat überdurchschnittlich viele Fälle von radikalisierten Jugendlichen, sagt NDB-Chef Christian Dussey. Der Geheimdienst brauche mehr Personal.
Das Wichtigste in Kürze
- Laut dem NDB-Chef Christian Dussey ist die Sicherheitslage in der Schweiz angespannt.
- Die Zahl radikalisierter Teenies nimmt ebenso zu wie ausländische Spionageaktivitäten.
- Das Personal des Geheimdienstes sei entsprechend am Limit – es brauche mehr Leute.
Der Chef des Geheimdienstes in der Schweiz, Christian Dussey, hat vor einer wachsenden Zahl jugendlicher Jihadisten gewarnt. Zudem hat er mehr Personal für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gefordert.
Wie Christian Dussey gegenüber den «Tamedia»-Zeitungen erklärt, hat sich die Terrorgefahr seit mehreren Jahren erhöht. In der Schweiz und in Europa habe es allein in den vergangenen Wochen mehrere Verhaftungen gegeben. Oft handle es sich um sehr, sehr junge Personen – meistens seien sie noch minderjährig.
IS hat Propagandakampagne gestartet
«Wir stellen fest, dass sich das Problem in den letzten Monaten weiter akzentuiert hat», so Dussey. Er fügte hinzu: «In der Schweiz haben wir überdurchschnittlich viele Fälle von radikalisierten Jugendlichen im Vergleich mit anderen europäischen Staaten.»
Für die Zunahme der Radikalisierungen von Jugendlichen in Europa gibt es einen Grund. Laut Dussey liegt es daran, dass der Islamische Staat Anfang des Jahres eine Propagandakampagne gestartet habe. Er habe direkt dazu aufgerufen, Attentate in Europa zu begehen.
Daher sei die Präventionsarbeit in der Schweiz zentral. «Wir vom NDB kommen beim Kampf gegen Radikalisierung erst ganz am Schluss. Die Schulen, die Sportvereine, die Familien – sie alle können dabei helfen, festzustellen, wenn sich ein Jugendlicher radikalisiert.» So könne der Prozess früh genug gestoppt werden.
Spionage-Aktivitäten nehmen ebenfalls zu
Im Interview erklärte Dussey zudem, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen der steigenden Arbeitslast ausgelaugt seinen. «Das Personal ist müde. Seit zweieinhalb Jahren herrscht Krieg in der Ukraine. Und seit Anfang des Jahres haben wir eine neue Dynamik der terroristischen Bedrohung», sagte er.
Zudem habe sich die Fähigkeit verschlechtert, Sicherheitsbedrohungen für die Schweiz und für ihre Bewohner zu erkennen und zu verhindern. Der Geheimdienstchef erklärte auch, dass der von Russland geführte hybride Krieg die Schweiz ebenfalls betreffe. Etwa in Form von aggressiver russischer Spionage und Cyberattacken.
Doch nicht nur aus Russland gebe es solche Aktivitäten, sagt Dussey. Auch die chinesische Spionage könnte laut dem NDB-Boss in den kommenden Jahren zunehmen.
Ein solcher Anstieg der Fälle sei «sehr wahrscheinlich». Denn mit dem Aufstieg Chinas würden dessen Dienste an Bedeutung gewinnen. Personell und finanziell seien sie «entsprechend ausgestattet».
«Einfachere Weltlage» wäre Dussey lieber als NDB-Ausbau
Die Sicherheit der Schweiz sei garantiert, sagte der Geheimdienstchef, jedoch hätten die meisten europäischen Nachrichtendienste massiv ausgebaut. Wie viel zusätzliches Personal der NDB wirklich benötigt, hat Dussey nicht direkt sagen wollen. Er verwies lediglich darauf, dass es dazu konkrete Diskussionen innerhalb des Departements gebe.
Zwar ist laut «Tamedia» kaum eine Verwaltungseinheit so stark gewachsen wie der NDB. Dazu sagt Dussey: «Mir wäre es lieber, wenn wir nicht mehr Leute bräuchten – und eine einfachere Weltlage hätten.»