Schweizer Politik schläft bei Energiekrise
Trotz drohender Mangellage unternimmt die Schweiz bisher wenig, um Strom zu sparen. Dabei wäre das Potenzial da – grosse Mengen Energie werden verschwendet.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz beschliesst im Gegensatz zu anderen Ländern bisher kaum Stromspar-Massnahmen.
- Beispielsweise Pro Natura warnt: So wird viel Energie verschwendet.
- Etwa ein Drittel des Stromverbrauchs könnte problemlos eingespart werden.
Der Ukraine-Krieg stellt Europa vor grosse Herausforderungen – unter anderem in der Energiepolitik. Während man in der EU bereits Massnahmen beschliesst, um den Verbrauch zu reduzieren, hält sich die Schweiz vorerst zurück.
Denn: Vonseiten des Bundes gibt es zurzeit keine Anstrengungen, Strom zu sparen. «Wir verschwenden Unmengen von Energie», sagte Stella Jegher von Pro Natura gegenüber «SonntagsBlick».
Sie führt aus: «Allein beim täglichen Verbrauch könnten Industrie, Gewerbe und Privathaushalte rund ein Drittel des Stroms einsparen, ohne es zu merken.»
Simonetta Sommaruga hat zuletzt angekündigt, die Bevölkerung mit einer Kampagne zum Stromsparen sensibilisieren zu wollen. Konkreter wurde sie dabei aber nicht. Die EU will derweil bis im Frühjahr den Gasverbrauch um 15 Prozent senken. In Spanien wurden beispielsweise bereits Massnahmen für die Energieeffizienz ergriffen.
Bürokratie bremst Energiewende
Sparen beim Verbrauch ist der eine blinde Fleck in Bern – Energieeffizienz der andere. «Das grösste Potenzial liegt in den Häusern», sagte Gallus Cadonau, Geschäftsführer der Solar-Agentur Schweiz: «Moderne Plus-Energie-Bauten reduzieren so viel Energie, wie sie von 15 AKW pro Jahr erzeugt wird.»
Mit Solaranlagen auf Dächern und Fassaden können zudem jährlich zwei AKW wie Mühleberg ersetzt werden, so Cadonau.
Kommt hinzu: Dass die Energiewende nicht schneller vorangehe, liege nicht am Bundesrat, sagen die Praktiker an der Front. Sondern an der überbordenden Bürokratie vonseiten der Kantone und Gemeinden.
Elcom-Chef ruft zum Horten von Kerzen und Brennholz auf
Die drohende Energieknappheit im Winter beschäftigt derzeit aber ganz Bundesbern. Sogar das Szenario vorübergehender Stromabschaltungen macht aktuell die Runde.
Werner Luginbühl, Chef der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom), sagte gegenüber der «NZZ am Sonntag»: «Im schlimmsten Fall müssen wir tatsächlich damit rechnen, dass es im nächsten Winter zu gebietsweisen Stromabschaltungen kommt. Wenn auch nur stundenweise.»
Der Elcom-Präsident rief in der Zeitung dazu auf, etwa Kerzen, Batterien für Taschenlampen sowie Brennholz zu horten. Es sei zwar ein Worst-Case-Szenario, aber es sei richtig, zu überlegen, was man machen würde. Dies, wenn man einmal für ein paar Stunden ohne Strom wäre.