So dubios ist die Unterschriften-Fälscher-Firma
Incop Suisse, die Firma im Zentrum des Unterschriften-Skandals, ist schon früher negativ aufgefallen.
Das Wichtigste in Kürze
- Gegen die kommerzielle Unterschriftensammlerin Incop Suisse laufen Ermittlungen.
- Nun nimmt Incop-Präsident Franck Tessemo Stellung und weist jede Schuld von sich.
- Incop erschien allerdings bereits früher in schiefem Licht.
Dass Unterschriften für Volksinitiativen von kommerziellen Unternehmen gesammelt werden, war einigen Politikerinnen und Politikern schon länger ein Dorn im Auge. Die Diskussion neu entfacht hat der Unterschriften-Bschiss durch die Firma Incop Suisse aus Lausanne. Von den gegen Geld abgelieferten Unterschriften waren Tausende ungültig.
Nun ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen Wahlbetrugs in mehreren Fällen. Nachdem er untergetaucht schien, hat nun der Präsident von Icop, Franck Tessemo, gegenüber Tamedia Stellung genommen. Er weist die Vorwürfe zurück: «Wir machen keinen Betrug.»
Er sieht die Sammlerinnen und Sammler in der Verantwortung, denn er selbst sammle keine Unterschriften. «Wenn ich erfahre, dass jemand betrügt, dann entlasse ich ihn.» Dabei ist die Firma Incop schon früher durch Nachlässigkeiten aufgefallen.
Unterschreiben – aber wofür genau?
So gab es im Waadtländer Kantonsparlament schon vergangenes Jahr Anfragen zu Incop und der in der gleichen Branche tätigen Firma Voxcommunication. Diese würden ihre jungen, überwiegend aus Frankreich stammenden Unterschriftensammler in aller Eile schulen. Weil die Bezahlung pro Unterschrift erfolge, würden die Angestellten ermuntert, auch mal zu lügen, wofür sie eigentlich sammelten.
Manchmal ist bei den falschen Angaben, die in der Fussgängerzone von Grossstädten gemacht werden, nicht einmal böser Wille dabei. Das zeigte schon 2020 eine Reportage von RTS. Als ein Reporter eine Unterschriftensammlerin fragt, wofür sie sammle, sagt diese: «Für die Initiative für den Vaterschaftsurlaub.» Auf den Einwand, dass auf ihrem Blatt stehe «Nein zum teuren Vaterschaftsurlaub», meint sie nur: «Das ist mein erster Tag – mir wurde gesagt, dafür.»
Anfang 2023 besucht die SRF-«Rundschau» Incop, als gerade für die «Blackout stoppen»-Initiative gesammelt wird. Der Präsident von Incop, Franck Tessemo, versichert, man habe seither Massnahmen getroffen. Die Sammler würden sorgfältig informiert und geschult.
Genau so eine Schulung findet in den Incop-Räumlichkeiten gerade statt. Der Incop-Ausbildner behauptet, die Initiative wolle primär die Diskussion über alternative Energien fördern. Zwar kommt das Wort «AKW» im Initiativ-Text nicht vor, doch sowohl Initianten wie Bundesrat machen klar: Primäres Ziel ist, den Atomausstieg rückgängig zu machen.
Zudem meint der Ausbildner, hinter der Initiative stehe «Energie Schweiz». Das ist aber die Plattform des Bundes zum Thema Energiesparen, die kaum eine Volksinitiative lanciert. Auch ein Sammler auf der Strasse behauptet später fälschlicherweise, Initiantin sei «Energie Schweiz» – dabei sind es die Atom-Lobbyisten vom «Energie Club Schweiz».
Incop: Kein sehr professioneller Eindruck
Incop scheint sich im Markt der unterschriftensammelnden Unternehmen gut zu behaupten. Gleich für mehrere eidgenössische Volksinitiativen aus unterschiedlichen politischen Lagern hat man Unterschriften beigesteuert. Der Erfolg beim Verkauf der eigenen Dienste verwundert aber etwas.
Zum einen müssten sich die Parteien der «kleinen Leute» etwas hinterfragen. Denn auf einem französischen Jobportal gibt es Klagen über die Arbeitsbedingungen, nicht eingehaltene Versprechen und ausstehende Lohnzahlungen.
Zum anderen scheint Incop tatsächlich die Arbeit auf der Strasse besser zu liegen als etwa das Marketing im Internet. Die Homepage ist gegenwärtig offline und scheint es schon seit Jahren zu sein.
Eine Facebook-Seite wurde Ende August 2018 eingerichtet. Gleichentags wurde das Profilbild zweimal geändert – es sind bis heute die einzigen Aktivitäten auf der Seite. Trotzdem hat die Seite immerhin 698 Likes – und zufälligerweise genau gleich viele Follower.