Ständerat beugt sich über die Revision des Sexualstrafrechts
Der Ständerat beugt sich über die Revision des Sexualstrafrechts. Die vorberatende Kommission und der Bundesrat sind für die Widerspruchslösung.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ständerat diskutiert heute Dienstag übe die Revision des Sexualstrafrechts.
- Neu soll sich auch strafbar machen, wer gegen den Willen des Opfers handelt.
- Eine Nötigung durch Gewalt oder Drohung muss demnach nicht mehr vorliegen.
«Nein heisst Nein» oder «Nur Ja heisst Ja»: Diese Frage stellt sich am Dienstag dem Ständerat, wenn er als Erstrat über die Revision des Sexualstrafrechts diskutiert und befindet. Die vorberatende Kommission und der Bundesrat sind für die Widerspruchslösung. Der Bundesrat will den Tatbestand der Vergewaltigung im Strafgesetz ausweiten.
Neu soll sich auch strafbar machen, wer gegen den Willen des Opfers handelt. Es soll der Grundsatz «Nein heisst Nein» gelten. Eine Nötigung durch Gewalt oder Drohung muss demnach nicht mehr vorliegen.
Klar ist, dass die Vorlage heiss diskutiert werden wird. Der Vorentwurf der Rechtskommission des Ständerats (RK-S) hatte in der Vernehmlassung nämlich nur bedingt Unterstützung gefunden. Gefordert wurde grundsätzlich eine Ausweitung des Begriffs «Vergewaltigung» und eine «Nur Ja heisst Ja»-Lösung. Die «Nein heisst Nein»-Lösung wurde verbreitet als zu schwach angesehen.
«Nein heisst Nein»-Grundsatz
In einer Mitte April veröffentlichten repräsentativen Online-Umfrage von Amnesty International Schweiz hatten sich fast die Hälfte der Befragten bezüglich des revidierten Sexualstrafrechts für die Zustimmungslösung ausgesprochen. Nur 27 Prozent aller Befragten sprachen sich für die Widerspruchslösung aus.
Trotz viel Widerspruch hat sich die vorberatende Kommission des Ständerates mit 9 zu 4 Stimmen für den «Nein heisst Nein»-Grundsatz entschieden. Der Ständerat selber hatte sich bereits im letzten Dezember gegen das Zustimmungsprinzip («Nur Ja heisst Ja») ausgesprochen, wie es eine Standesinitiative des Kantons Genf fordert.
Die RK-S will die Kernbestimmungen des Sexualstrafrechts, namentlich die Tatbestände der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung, basierend auf der sogenannten «Nein heisst Nein»-Lösung (Widerspruchsprinzip) neu ausgestalten.
Mindestfreiheitsstrafe für Pädophile
Erfasst werden sollen künftig sexuelle Handlungen, welche der Täter oder die Täterin am Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt und sich dabei über den entgegenstehenden Willen des Opfers hinwegsetzt – vorsätzlich oder eventualvorsätzlich. Dieser Wille kann vom Opfer verbal oder nonverbal geäussert werden. Der Bundesrat hat sich der Lösung der Ständeratskommission angeschlossen.
Um ihrer Forderung nach der Zustimmungslösung Nachdruck zu verleihen, hat die Operation Libero für den Dienstagnachmittag beim Bundeshaus in Bern eine Weck-Aktion anberaumt. Ein XXL-Wecker soll die Damen und Herren Ständeräte eventuell doch noch zum Umschwenken auf die «Nur Ja heisst Ja»-Lösung bewegen.
Die Vorlage für eine Revision des Sexualstrafrechts sieht weitere Änderungen gegenüber heute vor. So soll Tätern und Täterinnen bei sexuellen Handlungen mit Kindern unter zwölf Jahren neu eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr drohen.
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe soll bestraft werden, wer bei der Ausübung einer Tätigkeit im Gesundheitsbereich sexuelle Handlungen vornimmt oder vornehmen lässt. Weitere Änderungen betreffen den Tatbestand der Pornografie.
Verzichtet werden soll dagegen auf einen neuen Tatbestand des «Grooming». Dieses bezeichnet das gezielte Anbahnen von sexuellen Kontakten mit Minderjährigen, also die Planung eines sexuellen Missbrauchs.