SVP-Chef Chiesa geht auf Distanz zu «Massvoll» & kritisiert SRF
SVP-Präsident Marco Chiesa geht in die Corona-Offensive. Er markiert Distanz zu Gruppierungen wie «Massvoll» – und kritisiert SRF für «tendenziöse» Beiträge.
Das Wichtigste in Kürze
- SVP-Präsident Marco Chiesa widerspricht SRF-Recherchen, wonach es Austritte hagle.
- Gleichzeitig kritisiert er Gruppierungen wie «Massvoll», welche Corona-Demos organisieren.
- «Jene, die zu solchen Aktionen aufrufen» seien nicht unschuldig, wenn es eskaliere.
Nau.ch: Herr Chiesa, gemäss der «Rundschau» laufen der SVP wegen ihrer Covid-Politik die Parteimitglieder davon.
Marco Chiesa: Das ist absoluter Unsinn, denn das Gegenteil ist wahr. Parteiaustritte gab und gibt es, sie bewegen sich aber seit Jahren im gleichen Rahmen. Fakt ist: Wegen unserer Corona-Politik haben wir massiv mehr Neumitglieder als üblich. Fakt ist auch, dass das mit Zwangsgebühren finanzierte Schweizer Fernsehen mit unbelegten Behauptungen und tendenziösen Beiträgen ein gefährliches Spiel treibt und zur Spaltung unserer Gesellschaft beiträgt, indem man in «gute» Geimpfte und «böse» Ungeimpfte unterteilt.
Zudem wird wieder einmal versucht, die SVP, die wählerstärkste Schweizer Partei, in die Extremisten-Ecke zu drängen, weil wir für die Freiheit einstehen. Wir setzen uns dafür ein, dass der Staat die Menschen nicht diskriminiert und nicht über den Körper seiner Bürgerinnen und Bürger bestimmt.
Nau.ch: Fakt ist: Sie erhalten auch neue Mitglieder, welche die Impfung konsequent ablehnen und an Demos teilnehmen.
Marco Chiesa: Schauen Sie: Um SVP-Mitglied zu werden, braucht man kein Zertifikat. Wir leben in einem freien Land: Jeder Mensch darf selbst entscheiden, ob er oder sie sich impfen lassen will und ob er oder sie an einer Demonstration teilnehmen will. Wenn es sich um eine illegale Demonstration handelt, dann muss, wer teilnimmt, die Konsequenzen tragen.
Das Recht zu demonstrieren gehört übrigens zu unseren verfassungsmässig garantierten demokratischen Grundrechten. Dass man sich für die Ausübung seiner Freiheits- und seiner demokratischen Rechte rechtfertigen muss, ist eine äusserst besorgniserregende Entwicklung.
Nau.ch: Viele Demo-Teilnehmer argumentieren in Bezug auf die «Diskriminierung» ähnlich. Was halten Sie von Gruppierungen wie «Massvoll»?
Marco Chiesa: Nicht viel. Manchen Exponenten scheint es dort eher um die Selbstinszenierung zu gehen. Diese Bewegung polarisiert extrem und dafür muss sie auch die Verantwortung übernehmen.
Gerade im aktuellen Umfeld müssen Massvoll und andere Gruppierungen mit der Polizei zusammenarbeiten. Ansonsten drohen unbewilligte Demos und Gewalt. Daran sind jene, die zu solchen Aktionen aufrufen, nicht unschuldig. Ich verurteile jede Form von Gewalt. Wer die Sicherheit und Ordnung gefährdet, muss gemäss unseren Gesetzen dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Leider misst man vor allem in den links-grün regierten Städten mit unterschiedlichen Ellen. Ich kann deshalb nachvollziehen, dass manche Massnahmen-Gegner die Ungleichbehandlung kritisieren. Als etwa die Klimastreikenden den Bundesplatz besetzten, haben die Behörden dies aus ideologischen Gründen tagelang toleriert und als legitim bezeichnet.
Nau.ch: Sie gehen auf Distanz – doch bei vielen SVP-Anlässen tauchen etwa die «Freiheitstrychler» auf.
Marco Chiesa: Sie waren bei unserem Anlass Ende Juni zur Beerdigung des Rahmenabkommens präsent. Dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen, welches nicht einmal vor Ort war, nun diese Bilder benutzt, um in Bezug auf die Covid-Politik eine Nähe herbeizureden, ist absurd. Ich habe kein Problem mit diesen Trychlern, doch die SVP pflegt keine offiziellen Beziehungen zu dieser Gruppierung.
Die SVP wird auch im Hinblick auf die Abstimmung über das Covid-Zertifikat nicht zu Demonstrationen aufrufen. Wir bekämpfen das Gesetz mit unseren eigenen Mitteln.
Nau.ch: Sie werden also nicht schon bald in einem Trychler-Hemd auftreten wie ihr Bundesrat Ueli Maurer?
Marco Chiesa: Der Auftritt von Ueli Maurer wurde von den Medien völlig überbewertet. Er spricht mit allen Bürgerinnen und Bürgern und diskriminiert niemanden. Diese Menschen sollen ihre Positionen vertreten im Rahmen ihrer demokratischen Rechte. Die Gruppe der Impfgegner ist zwar klein, doch man muss ihre Anliegen ernst nehmen.
Nau.ch: Am Freitag tagt der Bundesrat erneut. Was erwarten Sie?
Marco Chiesa: Das Allermindeste ist, dass die Tests sicher so lange gratis bleiben, wie die Zertifikatspflicht für den Besuch von Restaurants, Fitnesscenter sowie anderer Kultur- und Freizeitlokale gilt. Wer sich nicht impfen lassen kann oder will, darf nicht vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Alles andere bedeutet ein Impfzwang durch die Hintertüre.
Der Bundesrat wäre ehrlich, wenn er eine Impfpflicht einführen würde, statt die aktuelle willkürliche Strategie zu verfolgen. Richtig wäre aus unserer Sicht, wenn der Bundesrat am Freitag die Zertifikatspflicht in Restaurant und anderen öffentlichen Einrichtungen sofort beendet. Alle relevanten Covid-Zahlen sinken seit Wochen – und das hat nichts mit dem Zertifikat zu tun. Dieses ist in seiner heutigen Form wirkungslos. Deshalb kämpfen wir an der Urne für ein Nein zum Covid-Gesetz.