SVP: Ernst Stocker kritisiert Putin-Versteher in der Partei
Die Zürcher SVP hat zuletzt Wähler verloren. Finanzdirektor Ernst Stocker ärgert sich an der Delegiertenversammlung über die Putin-Versteher in der Partei.
Das Wichtigste in Kürze
- Ernst Stocker ärgerte sich an der SVP-Delegiertenversammlung über seine Parteikollegen.
- Wegen gewissen Exponenten sei die SVP nun die Partei der Putin-Versteher.
- Für den Zürcher Finanzdirektor sei das mit ein Grund für die letzten Wahlniederlagen.
Bei der Zürcher SVP-Delegiertenversammlung am Dienstag verlief zunächst alles wie erwartet: Die Partei sagte zu allen kantonalen Abstimmungsvorlagen vom 15. Mai Nein und nominierte Natalie Rickli und Ernst Stocker für eine weitere Amtszeit.
Ich freue mich darauf, mich gemeinsam mit Ernst Stocker weiterhin für unseren schönen Kanton Zürich einzusetzen. Vielen Dank den SVP-Delegierten für die Nomination und das Vertrauen! pic.twitter.com/7lm6pHVpqd
— Natalie Rickli (@NatalieRickli) April 12, 2022
Die Überraschung folgte jedoch bei der Wahlkampfrede von Finanzdirektor Stocker, wie der «Tagesanzeiger» berichtet. Parteikollege Claudio Schmid soll einen Ausschnitt auf Twitter veröffentlicht haben. Das Video mit dem Titel «Stocker rechnet ab» ist auf seinem Profil allerdings nicht mehr zu finden.
«SVP ist nun die Partei der Putin-Versteher»
Stocker ärgerte sich in seiner Wutrede über die letzten Wahlniederlagen. Neben der SP hat die SVP im Kanton Zürich zuletzt am meisten Sitze verloren. Der aufgebrachte Finanzdirektor soll die Gründe bei den nationalen Partei-Vertretern verortet haben.
Erstens werde die SVP mittlerweile als Partei der Putin-Versteher wahrgenommen. Damit sei man nicht mehr beim Volk. «Ich meine aber nicht uns alle. Sondern einige Exponenten, die sich über Social Media oder sonst wo so äussern», kritisierte er.
Die «Lölis» seien dann alle, die sich auf Gemeinde-Ebene für die Partei engagierten. «Das geht einfach nicht mehr», habe Stocker gerufen und mit der Hand echauffiert aufs Pult gehauen.
Auch wenn Stocker keine Namen nannte, ist klar, wer gemeint ist. Einerseits Roger Köppel, dessen «Weltwoche» am Tag des russischen Einmarschs Wladimir Putin als «Der Missverstandene» porträtierte. Und andererseits Andreas Glarner, der an der Fraktionssitzung im März mit prorussischen Aussagen für Ärger sorgte. Regierungsrat Jean-Pierre Gallati soll ihn danach als «Putin-Verehrer» beschimpft haben.
Roger Köppel reagierte bereits auf die Vorwürfe. Er schätze die konstruktive Kritik des Regierungsrats und freue sich, dass Ernst Stocker nochmals antrete.
Diktatur-Vorwurf wegen Corona-Massnahmen schädlich
Stockers Kritik sei bei der Mehrheit der Anwesenden gut angekommen. Die Tageszeitung spricht mit verschiedenen kantonalen Politikern, die ebenfalls damit einverstanden sind. Fraktionschef Martin Hübscher spricht etwa davon, dass verschiedene Parteiexponenten in zu viele Fettnäpfchen getreten seien.
Hübscher macht auch die verfehlte Rhetorik in der Corona-Politik für die Wahlniederlagen verantwortlich. Es sei falsch gewesen, die Schweiz als Diktatur zu bezeichnen. In der Basis wüssten schliesslich alle, dass wir in der besten Demokratie der Welt lebten.
Präsident Marco Chiesa beschwört Einigkeit der SVP-Familie
Am nächsten Tag fand ausgerechnet im Aargau der SVP-Parteitag statt, wo Kantonalpräsident Andreas Glarner im Fokus stand. In seiner Rede warnte er gemäss «Aargauer Zeitung», die SVP dürfe sich nicht auseinander dividieren lassen. Es sei «mindestens ungeschickt, wenn wir uns in der Öffentlichkeit zerfleischen».
Auch Präsident Marco Chiesa habe mit einem Überraschungsauftritt für die Einigkeit der Partei geworben. Wie in jeder Familie, gebe es Konflikte und unterschiedliche Meinungen. Doch wichtig sei die Loyalität und die Einigkeit nach aussen.
Gemäss Chiesa versuchten die Medien, die Partei zu spalten. Es sei schwierig, wenn dabei die Journalisten die Munition aus den eigenen Reihen erhielten, so die Mahnung des Tessiners. Allerdings fügte er an, die Partei könne damit umgehen und sei eine starke Familie, die sich nicht spalten liesse.