Ständerat

Tabubruch im Ständerat: Kommt die «Wehrsteuer» zurück?

Kaspar Schwarzenbach
Kaspar Schwarzenbach

Bern,

Vor der Budgetdebatte im Parlament holt die Finanzkommission des Ständerats die Wiedereinführung einer Bundessteuer für das Militär aus der Mottenkiste.

Bundeshaushalt Budget Bund Militär
Die Bundesfinanzen geraten unter Druck: Jetzt soll die Finanzkommission des Ständerates die Wiedereinführung einer Bundessteuer für die Landesverteidigung in Betracht ziehen. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundeshaushalt gerät unter Druck: Im Jahr 2032 rechnet man mit 3,9 Milliarden Defizit.
  • Die Finanzkommission im Ständerat erwägt deshalb eine Steuer für die Landesverteidigung.
  • Ferner soll der Ausbau der Rüstungsausgaben an der Schuldenbremse vorbeigeschleust werden.

Der finanzielle Handlungsspielraum beim Bund werde immer kleiner, klagt die Finanzkommission des Ständerats (FK-S). Seit Juni 2023 ringt sie um das Bundesbudget 2024: Am Schluss reicht es für einen Budgetvorschlag, der die Vorgaben der Schuldenbremse einhält – um Haaresbreite.

14,7 Millionen bleiben am Ende übrig – bei einem Jahresumsatz von rund 83 Milliarden ist das ein Hauch von Nichts: Wäre die Eidgenossenschaft ein Durchschnittsbürger mit einem Jahresbudget von 100'000 Franken, hätte sie zum Jahresende noch 17.70 Franken übrig, wie der «Tagesanzeiger» vorrechnet.

3,9 Milliarden Defizit im Jahr 2032

Doch damit nicht genug: Die Finanzplanung für das Jahr 2024 gestaltet sich noch vergleichsweise einfach – richtig eng wird es ab 2025.

Gemäss Prognosen des Finanzdepartements droht dem Bund 2025 ein strukturelles Defizit von 2,4 Milliarden Franken. In den Folgejahren sollen diese Fehlbeträge gar noch kontinuierlich ansteigen – bis auf 3,9 Milliarden Franken im Jahr 2032.

Bundeshaushalt Budget Bund Militär
Das Militärbudget soll bis 2030 von heute 5,5 auf 10,5 Milliarden Franken pro Jahr erhöht werden. Auch deshalb entstehen Milliardenlöcher im Bundeshaushalt. (Symbolbild) - keystone

Im Vergleich zu den horrenden Fehlbeträgen in anderen Staaten mögen diese Defizite moderat erscheinen. In der Schweiz hingegen sind sie illegal: Die Schuldenbremse verbietet es dem Bundesrat, derartige Defizite anzuhäufen.

Sparmassnahmen oder Steuererhöhungen?

Die Milliardenlöcher, die Keller-Sutters Departement prophezeit, müssen de jure durch rigorose Sparmassnahmen ausgeglichen werden. Alternativ können sie mit zusätzlichen Einnahmen gestopft werden.

Vor diesem Hintergrund zeigen sich einige Mitglieder der Finanzkommission des Ständerates bereit, über einen Tabubruch nachzudenken, so der «Tagesanzeiger». In einem vierseitigen Bericht der Finanzkommission finde sich ganz am Schluss ein explosiver Satz: Die «Wiedereinführung einer Bundessteuer für die Landesverteidigung» werde in Betracht gezogen.

Sondersteuer für die Armee?

Eine Sondersteuer für die Armee also – für den «Tagesanzeiger» der «ultimative Tabubruch»: Unter der Bundeshauskuppel aber keine Unbekannte. Letztmals wurde sie im Zweiten Weltkrieg unter dem Namen «Wehrsteuer» eingeführt.

Zudem unterstützt die Kommission einen Vorschlag von SVP-Ständerat Werner Salzmann: Er möchte die geplante Rüstungsoffensive als «ausserordentliche Ausgabe» verbuchen. Dadurch könnten die Militärausgaben an den strengen Vorgaben der Schuldenbremse vorbeigeschleust werden.

Bundeshaushalt Budget Salzmann Militär
SVP-Ständerat Werner Salzmann möchte die geplante Rüstungsoffensive als «ausserordentliche Ausgabe» verbuchen und an der Schuldenbremse vorbeischleusen. (Archivbild) - keystone

National- und Ständerat haben beschlossen, das Militärbudget bis 2030 von heute 5,5 auf 10,5 Milliarden Franken pro Jahr zu erhöhen. Eine enorme finanzielle Herausforderung – woher die zusätzlichen Milliarden kommen, ist bis dato unklar.

Streit darüber, wo gespart werden soll

Natürlich hat die Politik Ideen, wo man die Gelder einsparen könnte – diametral entgegengesetzte Ideen: Politische Mehrheiten werden schwer zu erreichen sein. Auch deshalb will Salzmann diese Ausgaben an der Schuldenbremse vorbeischleusen. Der Berner ist überzeugt: «Es geht um nicht weniger als die Sicherheit unseres Landes!»

Als Vorbild dienen die Multi-Milliarden-Hilfspakete während der Corona-Pandemie, welche der Bundesrat ebenfalls «ausserordentlich» verbucht hatte. Solch «ausserordentliche Ausgaben» sind gemäss Finanzhaushaltsgesetz in überraschenden Krisenlagen möglich.

Obwohl der Bundesrat argumentiert, dass der Ausbau der Militärausgaben nicht unter diese Klausel falle, steht die FK-S hinter dem Salzmann-Plan: Sogar die linke Kommissionsminderheit hat grossmehrheitlich für den Plan gestimmt, «damit keine schmerzhaften Kürzungen in anderen Bereichen erforderlich werden». Dies ist dem Bericht der Kommission zu entnehmen.

Dagegen war einzig und allein die Mitte-Partei – der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin warnt: «Wenn wir diesem Vorschlag zustimmen, ist das der Anfang vom Ende der Schuldenbremse!»

Kostentreiber im Bundesbudget

Tatsächlich kann man die geplanten Militärausgaben als einen der Hauptgründe für die prognostizierten Milliardenlöcher sehen. Gleichzeitig gibt es aber zahlreiche andere Posten, die sowohl im Verhältnis als auch nominell deutlich stärker anwachsen.

Die anderen grossen Kostentreiber, welche den Finanzhaushalt in die roten Zahlen drücken, sind die AHV, die Ukraine-Flüchtlinge und die Prämienverbilligungen.

Wo sollte der Bund Ihrer Meinung nach Geld sparen?

Ab heute finden im Parlament die Verhandlungen über das Bundesbudget 2024 statt: Insbesondere die Landwirtschaft und das Asylwesen könnten dabei im Fokus stehen. Wird eine neue Bundessteuer für das Militär die Lösung sein oder führt sie zu weiteren finanziellen und politischen Spannungen?

Kommentare

User #3762 (nicht angemeldet)

I LOVE NICOLE ARGENTIERI

User #6072 (nicht angemeldet)

nicht verteidigungsfähig. Dasselbe wie im Rest von Europa........... nicht besser!

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