Ueli Maurer: Sekten-Spruch führt zu Rücktritts-Spekulationen
Bundesrat Ueli Maurer fühlt sich wie in einer Sekte und beklagt die Unterdrückung von Corona-Kritik. Grünen-Chef Balthasar Glättli kontert.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesrat Ueli Maurer erklärt die Pandemie zum «Hype» und fühlt sich wie in einer Sekte.
- Grünen-Chef Balthasar Glättli widerspricht: Wenn schon müsse Maurer den Dialog fördern.
- Sein Unwohlsein im Bundesrat sieht er als möglichen Hinweis auf einen baldigen Rücktritt.
Also doch noch ein SVP-Bundesrat, der die Corona-Diktatur bestätigt? So könnte man die Ausführungen von Finanzminister Ueli Maurer anlässlich der SVP-Delegiertenversammlung jedenfalls verstehen. Minutenlang beklagte er sich im Livestream darüber, dass kritisches Hinterfragen der Pandemie unterdrückt werde.
«Manchmal kommt es mir vor, wie wenn ich Mitglied einer Sekte wäre», so Maurer. Zwar hat Maurer schon vor einem halben Jahr in ähnlicher Manier reklamiert, doch sein neuerliches Lamento sorgt für Stirnrunzeln.
Grünen-Glättli: «Bereitet er Abgang vor?»
Maurer spricht von einem Hype rund um Corona. Analog zur Klimapolitik, die nur wegen «einer jungen Frau aus Schweden» stattfinde. Dass Grünen-Präsident Balthasar Glättli letzteres anders sieht, ist klar. Aber auch Maurers allgemeines Unwohlsein inmitten der Landesregierung während der Pandemie betrachtet Glättli kritisch.
«Bis jetzt war der Slalom eigentlich eine Disziplin der CVP», mokiert sich Glättli. Denn noch vor einem Monat stellte sich Maurer, zusammen mit SVP-Kollege Guy Parmelin, voll und ganz hinter SP-Gesundheitsminister Alain Berset. Stimmt er jetzt doch noch ein in die Diktatur-Gesänge seiner Parteispitze? Während SP-Co-Präsident Cédric Wermuth auf Anfrage dazu lieber schweigt, wagt Glättli eine Analyse.
Nun richte sich auch Ueli Maurer wie das «Fähnchen im Wind», meint der wie Maurer aus Hinwil ZH stammende Grünen-Chef. «Bei den eigenen Leuten die Verschwörungstheorien anheizen und bei den Medien sich staatstragend geben und ans Kollegium halten.»
Glättli spekuliert gar über tiefer sitzende Hintergründe: «Vielleicht bereitet Maurer ja tatsächlich seinen Abgang aus dem Bundesrat vor?»
Maurers hauseigene Verschwörungstheorie
Bundesrat Maurer spricht davon, dass man nicht mehr sagen dürfe, was man denke. Er betont, er gehöre «nicht zu den Eiferern oder den Verschwörungstheoretikern». Doch Glättli empfindet dies als wenig glaubwürdig.
«Genau Maurers Aufgabe wäre es doch, zuzuhören und auch präzise Kritik zu formulieren. Stattdessen murmelt Maurer vieldeutig ins Dunkle hinein. Das ist in sich schon fast selbst eine Verschwörungstheorie.»
Mit seinen Andeutungen gebe Ueli Maurer allen Kritikern das Gefühl, er teile ihre Meinung. Selbst wenn diese gegenteilige Positionen vertreten.
«Er sagt nicht, die Impfungen seien mit Bill-Gates-Chips versetzt. Aber wer das denkt, hört dies heraus. Wer dagegen Berset kritisiert, dass er mit der Impfkampagne zu langsam unterwegs sei, hört dies auch heraus.»
Glättli und Ueli Maurer teilweise einig
Grünen-Präsident Balthasar Glättli würde Bundesrat Ueli Maurer hingegen sogar zustimmen, dass er einem Problem auf der Spur ist. Nur spricht Maurer dies nicht explizit an, sondern bleibt vage, was genau der «Hype» an der Corona-Pandemie sein soll.
«Der Kern müsste doch was anderes sein», findet Glättli, nämlich die Diskussion zum Thema «Reden wir noch miteinander». Hier sehe er durchaus Handlungsbedarf, denn die Zuschriften aus der Bevölkerung seien durchaus radikaler geworden in den letzten Monaten. Und zwar von allen Seiten.
«YouTube kann Ihre Gesundheit gefährden»
«Einerseits jene, die von einer Corona- und Impfdiktatur schwafeln», berichtet Glättli aus eigener Erfahrung beziehungsweise Mail-Inbox. «Und andererseits gewisse Zerocovid-Anhänger, für die jeder ein Mörder ist, der nicht das Land in einen totalen Lockdown schickt. Das macht mir durchaus Sorgen: Die präzise Kritik und der Respekt voreinander sind rarer geworden.»
Als einen durch die Pandemie noch verstärkten Faktor sieht Glättli die Sozialen Medien, die Mangels realer Begegnungsmöglichkeiten verstärkt genutzt werden. So lebe man in Covid-Zeiten noch mehr in den eigenen Echo-Kammern, befürchtet Glättli. «So gesehen müsste man warnen: YouTube kann Ihre Gesundheit gefährden.»