Umplatzierung von Ukraine-Flüchtlingen sorgt für Diskussionen
Ukrainische Geflüchtete sollen gerechter auf die Kantone verteilt werden. Möglich ist, dass sie aus ihrer bisherigen privaten Unterbringung ausziehen müssten.
Das Wichtigste in Kürze
- Die bisher registrierten Schutzsuchenden seien «ungerecht» auf die Kantone verteilt.
- Die Behörden wollen deswegen mehr Geflüchtete auf Landkantone verteilen.
- Eine solche Umplatzierung der ukrainischen Flüchtlinge sorgt nun für Diskussionen.
Mittlerweile beherbergt die Schweiz über 30'000 aus der Ukraine geflüchtete Personen. Um das Asylsystem nicht zu überfordern, hat der Bund für sie den Schutzstatus S aktiviert. Doch die grösste Herausforderung für die Behörden ist und bleibt die Unterbringung der Geflüchteten: Mehrere Tausend von ihnen wurden privat untergebracht, offiziell und inoffiziell, die anderen leben in staatlich organisierten Unterkünften.
Wie der Sonderstab Asyl des Staatssekretariats für Migration SEM (SONAS) jüngst mitteilte, bevorzugten Geflüchtete bisher vor allem Kantone mit Grossstädten. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer wurden auch privat in Städten untergebracht, bevor sie sich registrieren liessen. Dementsprechend wurden sie nach der Registrierung an denselben Kanton zugewiesen, in dem sie schon lebten.
Das Problem ist aber, dass die Behörden gesetzlich dazu verpflichtet sind, Flüchtlinge gerecht auf die Kantone zu verteilen. Ansonsten tragen einige Kantone eine höhere Last als andere. Das werde nun zum Problem, weswegen der SONAS Optimierungsmassnahmen treffen musste.
Verteilschlüssel muss eingehalten werden
So sollen etwa Personen, die bereits privat untergebracht sind, an einen anderen Kanton gewiesen werden. Nur in Ausnahmefällen dürften die Geflüchteten am selben Ort verweilen, schreibt der SONAS.
«Ich sehe es als zweischneidig», sagt Nik Gugger, EVP-Nationalrat, auf Anfrage von Nau.ch. «Eine Umplatzierung kann bei den Schutzsuchenden verschiedene Gefühle hervorrufen. Andererseits ist es nachvollziehbar, dass der Sonderstab die grossen Städte entlasten will», sagt der Zürcher.
Der Aussenpolitiker hat sich seit Beginn des Krieges für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt. Gugger hat selber zahlreiche Schutzsuchende unterstützt und bei Freunden platziert, wie er bestätigt.
«Fakt ist, dass Zürich und andere Städte nicht nur andere Gemeinden, sondern auch den Bund entlastet haben. Ich sehe es selber in Zürich, am Bahnhof kommen jeden Tag neue Schutzsuchende an», fügt der Winterthurer hinzu. Darum sei eine gleichmässige Verteilung auf die Kantone gerechtfertigt.
Krise erschwert das Ganze
Für Asylpolitikerin Sibel Arslan (Grüne/BS) ist der Fall klar: Nicht nur Ukrainer sollen bei Familie und Freunden untergebracht werden können, sondern auch andere Geflüchtete. Und sie sollen auch dort bleiben dürfen. «Auch, wenn es eine grosse Herausforderung darstellt, muss man es so unbürokratisch wie möglich machen», sagt sie.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat bisher zu den Optimierungsmassnahmen des Bundes geschwiegen. Auf Anfrage zeigt sie Verständnis gegenüber der Herausforderung eines interkantonalen, solidarischen Verteilschlüssels. Es sei nachvollziehbar, dass der Sonderstab Asyl für einen Ausgleich sorge. «Zumal es auch darum geht, während einer Krise nicht alle Prozesse zu ändern», so ein Mediensprecher.
Er fügt hinzu: «Wichtig ist und bleibt indes: Die Gastfamilien leisten einen wichtigen Beitrag, und das soll auch so bleiben.» Tatsächlich sind die Gastfamilien für die SFH von zentraler Bedeutung; die Flüchtlingshilfe hat bisher mehrere Tausend Geflüchtete an sie über eine Plattform vermittelt.