Verspekuliert sich der Bundesrat bei AHV-Initiative erneut?
Mit dem Ja zur 13. AHV-Rente wurde der Bundesrat auf dem falschen Fuss erwischt. Das Szenario könnte sich bei der Abschaffung der AHV-Heiratsstrafe wiederholen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will keinen Gegenvorschlag zur AHV-Initiative der Mitte.
- Das Fehlen eines Gegenvorschlags war einer der Gründe für das Ja zur 13. AHV-Rente.
- Mitte-Chef Gerhard Pfister ist zuversichtlich, dass sich so die Abstimmung gewinnen lässt.
«Aus Schaden wird man klug», sagt der Volksmund. Beim Bundesrat scheint sich der Lerneffekt nach dem überraschenden Ja zur 13. AHV-Rente aber in Grenzen zu halten. Das könnte sich rächen, denn mit der AHV-Initiative der Mitte zur Abschaffung der Heiratsstrafe hat erneut ein Volksanliegen gute Chancen.
Wieder kein Entgegenkommen mittels Gegenvorschlag
Nach dem Abstimmungssonntag vom 3. März hiess es sowohl bei Befürwortern als auch Gegnern der 13. AHV-Rente: Für das deutliche Ja ist auch das Fehlen eines Gegenvorschlags verantwortlich. Man hatte die Chancen der Initiative unterschätzt und hielt ein Entgegenkommen nicht für nötig.
Das gleiche Szenario könnte sich nun bei der AHV-Initiative der Mitte-Partei wiederholen. «Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass die Initiative vom Volk angenommen wird», heisst es in internen Dokumenten des Innendepartements. «Blick» hat diese gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz erhalten. Denn das Anliegen, die Heiratsstrafe bei AHV-Ehepaaren zu streichen, ist populär.
Entsprechend wollte Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider den Initianten Zugeständnisse machen. «Es wäre sehr riskant, keinen Gegenvorschlag zu stellen», soll sie beim Bundesamt für Sozialversicherungen gewarnt haben.
Ehepaare erhalten zusammen maximal 150 Prozent einer Maximalrente, Baume-Schneider wollte diese Deckelung nicht gerade streichen, aber auf 170 Prozent erhöhen. Doch der Bundesrat war mehrheitlich dagegen.
Siegessichere Mitte-Partei
Dagegen gestimmt haben wohl auch die beiden SVP-Bundesräte Guy Parmelin und Albert Rösti. Ihre Departemente hatten entsprechende Begründungen vorbereitet. Obwohl die Abschaffung der Heiratsstrafe in der AHV auch in der SVP mehrheitlich begrüsst wird.
Das freut Mitte-Präsident Gerhard Pfister umso mehr. Er zeigt sich gegenüber der Zeitung verwundert, dass der Bundesrat erneut auf einen Gegenvorschlag verzichten will. Denn er glaubt an die Chancen der Initiative: «Es ist schwer zu begründen, weshalb diese Ungerechtigkeit weiter bestehen soll.»
Definitiv entscheiden wird nun frühestens nächstes Jahr das Parlament. Es könnte entgegen dem Bundesrat einen Gegenvorschlag beschliessen.
Oder die Abschaffung der Heiratsstrafe im Rahmen eines indirekten Gegenvorschlags gleich selbst ins Gesetz schreiben. Nur würde wohl selbst dies den Showdown an der Urne nicht verhindern: «Ein Rückzug der Initiative ist unwahrscheinlich», sagt ein siegessicherer Gerhard Pfister.