Witwenrente: Der Bundesrat spart beim Volk, nicht bei sich selbst
Mit der geplanten Kürzung der Witwenrente will der Bundesrat jährlich rund eine Milliarde einsparen: Angehörige von Magistratspersonen sind davon ausgenommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Um rund eine Milliarde einzusparen, will der Bundesrat künftig die Witwenrenten kürzen.
- Diese neue Regelung soll die «veränderte gesellschaftliche Realität» widerspiegeln.
- Angehörige von Magistratspersonen sind die Ausnahme: Hier werden die Renten nicht gekürzt.
Die finanzielle Lage beim Bund spitzt sich zu: Auch deshalb hat der Bundesrat Pläne zur Änderung der Witwenrente vorgestellt. Die Reform soll eine jährliche Einsparung von rund einer Milliarde Franken ermöglichen. Für die Hinterbliebenen soll es künftig keine lebenslangen Renten mehr geben.
Die neuen Regeln sollen sich an die veränderte «gesellschaftliche Realität» anpassen und das überholte Frauenbild korrigieren. Dieses gehe davon aus, dass Frauen finanziell hilflos sind, wenn der Brotverdiener stirbt. Die Änderung betrifft auch bereits laufende Renten: Wer bei Inkrafttreten der Reform jünger als 55 Jahre ist, könnte seine bisherige Witwenrente verlieren. Ausser, er oder sie ist mit einer Magistratsperson liiert, wie «Tamedia» berichtet.
Gleichheit zwischen Männern und Frauen
Die geplante Gesetzesänderung zielt darauf ab, gleiche Bedingungen für Männer und Frauen zu schaffen. Dies folgt einer Rüge des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wegen Diskriminierung von Männern in der Schweiz.
Voraussichtlich ab 2026 sollen Hinterlassenenrenten «auf die Betreuungs- und Erziehungszeit ausgerichtet» werden – unabhängig vom Geschlecht des Empfängers. Es wird erwartet, dass Witwen- und Witwerrenten bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes gezahlt werden.
Wenn der Partner oder die Partnerin nach diesem Zeitpunkt stirbt, plant der Bundesrat nur noch eine zweijährige Übergangsrente zu zahlen.
Ausnahmen für Magistratspersonen
Es gibt jedoch – wie bereits erwähnt – Ausnahmen von dieser neuen Regel: die Hinterbliebenen von amtierenden oder zurückgetretenen Magistratspersonen. Angehörige von Bundesräten, Bundesrichterinnen oder Bundeskanzlern sind nämlich nicht von der geplanten Änderung betroffen.
Für diese Gruppe gilt weiterhin: Wenn eine aktuelle oder ehemalige Magistratsperson stirbt, erhält der überlebende Partner eine Hinterlassenenrente von jährlich rund 142'000 Franken. Dies gilt unabhängig davon, ob das Paar Kinder hat oder nicht.
Die einzige Bedingung ist, dass die Ehe mit der verstorbenen Magistratsperson mindestens zwei Jahre gedauert hat. Diese Regelung steht in der Verordnung über die Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen, wie «Tamedia» weiter berichtet.
Ziel sei es, Angehörigen von amtierenden und ehemaligen Magistratspersonen ein Leben zu garantieren, das von finanziellen Sorgen befreit ist. Eine Rentenkürzung erfolge nur dann, wenn das Renteneinkommen in Verbindung mit anderen Einkünften den Betrag von jährlich 236'500 Franken überschreite.
Bundeskanzlei begründet Ungleichbehandlung
Weshalb werden diese Privilegien nicht an die veränderten Witwenrenten der breiten Bevölkerung angepasst? Auf Anfrage von «Tamedia» nennt die Bundeskanzlei drei Gründe.
Erstens gebe es bei den Hinterlassenenrenten der Magistratspersonen schon gegenwärtig keine Ungleichbehandlung der Geschlechter. Deshalb sei die geplante Reform, die darauf abziele, die Ungleichbehandlung der Geschlechter zu reduzieren, hier nicht anwendbar.
Zweitens seien Ruhegehälter und Hinterlassenenrenten von Magistratspersonen mit der AHV «nur bedingt vergleichbar». Sie folgten schon heute einer «anderen Logik»: So werden sie beispielsweise gekürzt, wenn sie mit anderen Einkünften zusammen einen Maximalbetrag überschreiten.
Schliesslich sei die Verordnung über die Besoldung und berufliche Vorsorge von Magistratspersonen vom Parlament beschlossen worden, nicht aber vom Bundesrat. Entsprechend sei es an der Bundesversammlung, hier allfällige Änderungen vorzunehmen, erklärt die Bundeskanzlei.