Tausende Studenten protestieren gegen Bensalahs Ernennung zum Übergangspräsident
Nach der Ernennung von Nationalratschef Abdelkader Bensalah zum Übergangspräsidenten sind in Algerien tausende Studenten auf die Strasse gegangen.
Das Wichtigste in Kürze
- Algerische Polizei setzt erstmals Tränengas gegen Demonstranten ein.
Gemeinsam forderten sie am Dienstag in Algier die Absetzung Bensalahs. Die Polizei setzte erstmals seit Beginn der Proteste Tränengas gegen die Demonstranten ein. Bensalah kündigte «transparente» Wahlen an.
Bensalah war erst wenige Stunden zuvor zum Übergangspräsidenten ernannt worden. Er rückte in das Amt nach, nachdem der umstrittene Staatschef Abdelaziz Bouteflika nach wochenlangen Massendemonstrationen zurückgetreten war. Der 77-Jährige soll die Geschicke des Landes 90 Tage lang bestimmen. In diesem Zeitraum muss er Präsidentschaftswahlen organisieren, bei denen er selbst nicht antreten darf. Als langjähriger Weggefährte Bouteflikas ist er allerdings in der Bevölkerung umstritten.
In einer Rede an die Nation, die das Staatsfernsehen am Dienstagabend ausstrahlte, versprach Bensalah, er werde innerhalb der Frist für eine «transparente und ordnungsgemässe Präsidentschaftswahl» sorgen. Bürger, Politiker und staatliche Einrichtungen müssten gemeinsam die Bedingungen dafür schaffen. Weiter sagte Bensalah, bei der Abstimmung könne das algerische Volk «seine freie und souveräne» Wahl treffen.
Zuvor waren in Algier erneut tausende Studenten auf die Strasse gegangen. Sie versammelten sich wie bei den Freitagsdemonstrationen vor dem alten Postgebäude im Stadtzentrum und riefen Parolen wie «Hau ab Bensalah» und «Weg mit dem System». Auch in Constantine und Annaba demonstrierten Studenten, in Ain Temouchent, Msila und Chlef gab es Versammlungen.
«Bensalah, Bouteflika, das ist doch alles dasselbe», sagte die 20-jährige Roumaissa, die in eine algerische Flagge gehüllt an der Demonstration teilnahm. Der 21-jährige Technologie-Student Jassin, sagte, das Land brauche einen Wechsel. Heute gebe es für junge Menschen in Algerien keine Zukunft. Die Polizei setzte zum ersten Mal Tränengas gegen die Demonstranten ein, auch Wasserwerfer waren im Einsatz. Menschenrechtsgruppen riefen dazu auf, das Demonstrationsrecht zu respektieren.
Die Proteste richten sich neben Bensalah auch gegen den Vorsitzenden des Verfassungsrates, Tayeb Belaiz, und gegen Regierungschef Noureddine Bedoui, die beide noch von Bouteflika ernannt wurden. Auch die im Parlament vertretenen Oppositionsparteien lehnten die Ernennung Bensalahs ab. Die Parlamentssitzung am Dienstag hatten sie deswegen boykottiert. Sogar die regierungsnahe Tageszeitung «El Moudjahid» hatte sich vor wenigen Tagen in einem Leitartikel gegen Bensalah ausgesprochen.