Alice Weidel (AfD) bedroht: Experte «nicht erstaunt» über Drohung
AfD-Vorsitzende Alice Weidel musste wegen einer Drohung samt Familie aus ihrem Zuhause in der Schweiz evakuiert werden. Nicht überraschend, sagt ein Experte.
Das Wichtigste in Kürze
- Die deutsche AfD-Politikerin Alice Weidel musste aufgrund einer Drohung evakuiert werden.
- Drohungen und Anschläge auf Politiker seien nichts Neues, sagt Extremismusforscher Baier.
- Es sei auch nicht erstaunlich, dass Rechtspopulisten wie Weidel betroffen seien.
Am 23. September mussten Alice Weidel und ihre Familie aus ihrem Zuhause in Einsiedeln SZ von der Kantonspolizei evakuiert werden. Der Grund: Es drohte gemäss Angaben der Polizei ein Anschlag auf die Familie.
Die Bundessprecherin der AfD konnte kürzlich nicht an einem Wahlkampfanlass teilnehmen, weil sie sich in einem «Safehouse» befinde. Dieses dürfe sie aus Sicherheitsgründen nicht verlassen. Dann stellte sich heraus, dass Alice Weidel Ferien auf der spanischen Insel Mallorca mache: Auch, weil ihr geraten wurde, sich nicht mehr zuhause aufzuhalten.
Alice Weidel: Drohungen und Anschläge nichts Neues
Nichtsdestotrotz ist die Evakuierung der deutschen Politikerin in der Schweiz eine eindrückliche Geschichte. Aber keine überraschende, sagt Extremismusexperte Dirk Baier: «Eine interessante Studie aus dem Jahr 2021 hatte bereits darauf hingewiesen: Internet-Hassnachrichten betreffen unter allen deutschen Parteien am häufigsten die AfD.»
Aktuell könnte das zwar anders aussehen, so Baier, aber es belege, «dass nicht nur von rechter Seite gehetzt und gedroht wird». Und deshalb erstaune es nicht, dass AfD-Politikerinnen und -Politiker «anscheinend ernstzunehmende Drohungen erhalten». Das gelte auch für diejenigen wie Alice Weidel, die nicht in Deutschland wohnhaft sind.
Doch wer könnte die Drohung ausgesprochen haben? Baier: «Die Frage ist, ob die Bedrohungslage durch in der Schweiz wohnhafte Personen ausgelöst wurde oder durch Personen aus Deutschland.» Das wisse er nicht. Möglich sei aber, dass «aus Deutschland in die Schweiz eingewanderte Personen hier in Erscheinung treten.»
«Einerseits ist davon auszugehen, dass es sich um Personen extremistischer Gruppierungen handelt», fährt Baier fort. «Allerdings können auch einzelne, radikalisierte Personen von Bedeutung sein.»
Social Media befeuert Hassrede – auch bei nicht radikalisierten Personen
Eine neue Entwicklung sei es allgemein nicht, so der ZHAW-Professor, der jahrelang in Deutschland geforscht hat. «Politikerinnen und Politiker stehen im Prinzip schon immer im Fokus von Gewalt- und Attentatdrohungen», sagt er. Dennoch seien durch Social Media die Möglichkeiten, Hassrede zu verbreiten, zahlreicher geworden. Jede und jeder könne sich theoretisch daran beteiligen.
Deswegen könne man auch nicht ausschliessen, dass sich möglicherweise Personen «durch die Anonymität der sozialen Medien haben hinreissen lassen»: Diese seien aber gar nicht radikalisiert oder extremistisch. «Solch ein Enthemmungseffekt ist immer wieder zu beobachten und trägt zu dem zum Teil giftigen Diskussionsklima in den sozialen Medien bei.»
Ob ernstzunehmende Drohungen gegen Menschen in der Politik zunehmen, sei aber nicht klar: Noch mangle es an kontinuierlich wiederholten Studien, sagt der Professor an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften. Sicher sei aber, dass die Betroffenheit der Amtsträgerinnen und -träger hoch sei.
Nicht vergessen gehen dürfte aber der Effort der Plattformen und Gesellschaft, gegen Hassrede vorzugehen. So würden etwa Posts gelöscht oder Sensibilisierungskampagnen durchgeführt. «Die These, dass immer alles schlechter würde, muss also nicht unbedingt stimmen», sagt Dirk Baier.