Bauernverband: Trinkwasserinitiative schiesst am Ziel vorbei
Das Wichtigste in Kürze
- Die Trinkwasserinitiative fordert, dass nur noch Bauernbetriebe Direktzahlungen erhalten, die keine Pestizide einsetzen und ohne prophylaktischen Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung auskommen.
Zudem sollen Betriebe mit Direktzahlungen ihre Tiere mit dem auf dem Betrieb produzierten Futter ernähren können
Der Schweizerische Bauernverband (SBV), der sich schon wiederholt gegen die Initiative geäussert hat, hat bei der Berner Fachhochschule für Agrar,- Forst- und Lebensmittelwissenschaften eine allerdings nicht repräsentative Fallstudie in Auftrag gegeben. Untersucht wurde die Situation von elf «typischen» Betrieben.
Sich an die Vorgaben der Initiative anpassen würden gemäss Studie fünf dieser Betriebe. Es sind namentlich Ackerbau- und Milchvieh-Betriebe, bei denen der Anteil an Direktzahlungen am Umsatz relativ gross ist. Den Verlust der Zahlungen vom Bund könnten sie nur schwer kompensieren.
Sechs Betriebe hingegen würden es vorziehen, auf die staatliche Unterstützung zu verzichten, um die Einschränkungen bei den Pestiziden zu umgehen. Zum einen sind es Wein- und Obstbauern, die ohne Pestizide erheblich weniger Erträge hätten. Direktzahlungen machen zudem einen relativ kleinen Anteil ihrer Umsätze aus.
Zum Verzicht auf die Direktzahlungen gezwungen sehen sich laut der Studie auch Geflügel- und Schweinemast-Betriebe. Für sie wäre namentlich die Forderung der Initianten unrealistisch, ihre Tiere nur mit auf dem Betrieb produzierten Futter zu füttern.
Offen bleibt die Frage, ob die sechs auf Direktzahlungen verzichtenden Betriebe ihre Produktion massiv steigern, um zu überleben. Die Studie wirft die Frage auf, wie oft Bauern ohne Verpflichtung zum ökologischen Leistungsnachweis - sie ist Voraussetzung für Direktzahlungen - zu Pestiziden greifen würden.
Alle elf untersuchten Betriebe müssten mit der Trinkwasserinitiative zudem mit weniger Einkommen rechnen. In der Studie bleibt offen, ob Bauern und Bäuerinnen deshalb vermehrt einem Nebenerwerb nachgehen würden. Fraglich sei zudem, ob die Konsumenten bereit wären, für Produkte aus der Landwirtschaft mehr zu bezahlen.
Gespräche mit den Betriebsleitern zeigten auch, dass diese nach einem Ja zur Initiative ihre Produktion anpassen würden. Beispielsweise würden Kartoffeln oder Zuckerrüben durch weniger empfindliche Produkte ersetzt.
Die Studienergebnisse deuten laut den Autoren auf die Entstehung einer «geteilten Agrarpolitik» hin, mit Betrieben «im System» und Betrieben «ausserhalb des Systems». Das sei nicht wünschenswert, angesichts der gesellschaftlichen Erwartungen an die Bauern und deren Auftrag in der Bundesverfassung.
Den Bauern sei bewusst, dass der Pestizideinsatz reduziert werden müsse, heisst es in der Studie. Der Bauernverband verweist dazu auf die Aktionspläne des Bundes für Pflanzenschutz und Biodiversität, die Strategie gegen Antibiotikaresistenzen sowie die Brancheninitiative «Stärkung des inländischen Futteranbaus».
Der Bundesrat beantragt ein Nein zur Initiative, ohne Gegenvorschlag. Er warnte bei der Verabschiedung der Botschaft ans Parlament vor schädlichen Folgen für die Landwirtschaft. Die Produktion würde mit dem generellen Verzicht auf Pestizide und zugekauftes Futter auf vielen Betrieben abnehmen.
Der Bundesrat warnte schon im Dezember vor dem Risiko, dass Betriebe aus dem Direktzahlungssystem aussteigen würden und dadurch die Anforderungen des ökologischen Leistungsnachweises nicht mehr berücksichtigen müssten. Die Umweltbelastung würde steigen.
Hinter der Initiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung - Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz» (Trinkwasserinitiative) steht der Verein «Sauberes Trinkwasser für alle».
Unterstützt wird das Begehren von diversen Umwelt-, Naturschutz- und Tierschutzorganisationen, darunter Greenpeace Schweiz, BirdLife Schweiz, der Fischerei-Verband, Tier im Fokus und Swissveg.