Bibby Stockholm: Ein kritisiertes «Gefängnisschiff» für Geflüchtete
In Grossbritannien soll ein Schiff als Unterkunft für Geflüchtete dienen. Menschenrechtsorganisationen sehen darin einen Verstoss gegen die Genfer Konvention.
Das Wichtigste in Kürze
- Die «Bibby Stockholm» ist in Grossbritannien eingetroffen.
- Sie soll als Unterkunft für Geflüchtete dienen. Das wird aber stark kritisiert.
- Ziel sei, Menschen schneller abschieben zu können, findet «Leave No One Behind».
Vor einigen Tages ist das Schiff «Bibby Stockholm» im Hafen von Portland (GB) eingelaufen. Das Containerschiff soll eine Unterkunft auf dem Wasser für Geflüchtete sein.
Die Organisation «Leave No One Behind» bezeichnet das Schiff als «Gefängnis». Grund dafür sind die strengen Sicherheitskontrollen, der Platzmangel und die sehr regulierten Ausgangsmöglichkeiten.
«Bibby Stockholm» ist für Geflüchtete retraumatisierend
Es sei ein Teil «einer sich immer weiter verschlimmernden Asyl- und Fluchtpolitik Grossbritanniens und auch Resultat des ‹Illegal Migration Bill›.» Das Gesetz wurde letzte Woche vom britischen Parlament verabschiedet. Ziel sei es, Menschen auf der Flucht, die ohne Visum nach Grossbritannien gelangen, schnellstmöglich abzuschieben, sagt die Organisation.
Die «Bibby Stockholm» sei in diesem Prozess erst der sichtbare «Gipfel des Eisbergs des menschenrechtswidrigen Gesetzes gegen illegale Migration».
Auch die Menschenrechts Organisation «Amnesty International» bezeichnet das Schiff als «eng und gefängnisähnlich». Es sei für traumatisierte Menschen ungeeignet, sagt Mediensprecherin Natalie Wenger gegenüber Nau.ch.
«Die Geflüchteten wurden während ihrer Flucht oft schon auf beengende Schiffe gepfercht. Für viele von ihnen könnte ein Leben auf dem Meer retraumatisierend wirken.»
Grossbritannien umgeht das Recht auf Asyl
Die britische Regierung plane das in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgesetzte «Recht auf Asyl» zum umgehen, so Leave No One Behind. «Anstatt Menschen Asyl zu gewähren und aufzunehmen, will sie so Menschen auf der Flucht inhaftieren und schnellstmöglich abschieben.»
Dies entweder in das jeweilige Herkunftsland oder in sichere Drittstaaten – darunter insbesondere Ruanda. Das verstosse gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und gegen die Menschenrechte.
Wenger bestätigt: «Grossbritannien verfolgt seit längerem eine vergleichsweise harte Migrationspolitik. Allerdings leben Geflüchtete auch in vielen anderen europäischen Staaten unter prekären Bedingungen.» Amnesty beobachte seit mehreren Jahren, dass europäische Staaten zunehmend restriktive und strafbewehrte Asylvorschriften erliessen.
Europa: Rechte Geflüchteter werden «mit Füssen getreten»
Die Rechte von Millionen von Menschen würden in Europa immer wieder mit Füssen getreten: «Nur weil sie aus einer Konfliktregion geflohen sind. Oder in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihre Familie in ein anderes Land ausgewandert sind.»
Die Schweiz sei in der Pflicht, international für humanere Bedingungen für Geflüchtete einzustehen, sagt Natalie Wenger. Zudem müssten hierzulande Geflüchtete in adäquaten Unterkünften untergebracht werden, die auch «ein gewisses Mass an Privatsphäre zulassen».