Boris Johnson will Gesetz für Neuwahl durchpeitschen
Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung: Einen Tag nachdem das Unterhaus den Neuwahl-Antrag von Boris Johnson abgelehnt hat, will er es erneut versuchen.
Das Wichtigste in Kürze
- Heute Dienstag will Boris Johnson ein Gesetz für eine Neuwahl durchpeitschen.
- Der britische Premier scheiterte erst vor einem Tag vor dem Unterhaus.
- Mit dem Gesetz will er die nötige Zustimmung von zwei Drittel der Abgeordneten umgehen.
Der britische Premierminister Boris Johnson will an diesem Dienstag ein Gesetz für eine vorgezogene Neuwahl am 12. Dezember durchs Unterhaus bringen. Das kündigte die Regierung am Montagabend an.
Mit dem Kniff will Johnson die eigentlich für eine vorgezogene Parlamentswahl notwendige Zustimmung von zwei Dritteln aller Abgeordneten umgehen. An der Hürde war Johnson am Montag inzwischen zum dritten Mal gescheitert.
Johnson spekuliert dabei auf die Unterstützung der kleineren Oppositionsparteien. Die Liberaldemokraten und die Schottische Nationalpartei SNP hatten signalisiert, dass sie auf diesem Wege einer Wahl am 9. Dezember, also etwas früher als Johnsons Vorschlag, zustimmen würden.
Die grösste Oppositionspartei Labour lehnt eine Neuwahl derzeit ab, eine Zweidrittelmehrheit ist für Johnson damit unerreichbar. Für die Verabschiedung des Gesetzes wäre eine einfache Mehrheit jedoch ausreichend.
Spekulationen in britischen Medien zufolge könnten sich beide Seite womöglich auf einen Termin dazwischen, am 10. oder 11. Dezember, einigen.
Boris Johnson kämpft um jede Stimme
Johnson führt eine Minderheitsregierung an und muss im Streit über den EU-Austritt um jede Stimme kämpfen. Er braucht daher dringend einen Wahlsieg. «Dieses Parlament kann das Land nicht mehr länger in Geiselhaft nehmen», sagte Johnson nach der Abstimmung am Montag.
Der Gesetzentwurf soll nach dem Willen der Regierung alle drei Lesungen bereits am Dienstag durchlaufen. Das kündigte der Vorsitzende des Unterhauses, Jacob Rees-Mogg, an. Ob sich Liberaldemokraten und die SNP darauf ohne Weiteres einlassen werden, scheint jedoch zweifelhaft. Beide Parteien wollen den EU-Austritt eigentlich verhindern.
Sie dürften Bedingungen für ihre Zustimmung stellen. Von einem etwas früheren Wahltermin erhoffen sie sich offenbar bessere Chancen durch die Stimmen von mehr Studenten. Diese haben dann noch keine Semesterferien.
SNP-Fraktionschef Ian Blackford forderte während der Debatte am Montag, das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre zu senken. Junge Briten gelten als sehr viel proeuropäischer als ihre Eltern und Grosseltern.
Der Wortlaut des Gesetzentwurfs sollte am Dienstag veröffentlicht werden. Er werde «extrem kurz, einfach und begrenzt in seinem Umfang sein», so Rees-Mogg. Als Zugeständnis der Regierung gilt, dass es vorerst keinen weiteren Versuch geben soll, das Ratifizierungsgesetz für das Austrittsabkommen durchs Parlament zu bringen. Die Liberaldemokraten und die SNP wollen in eine Wahl gehen, bevor der EU-Austritt vollzogen ist.