Bürger von Montenegro wählen neuen Präsidenten
In Montenegro haben die Bürger am Sonntag über einen neuen Präsidenten abgestimmt.
Das Wichtigste in Kürze
- Amtsinhaber Djukanovic gilt als Favorit - Stichwahl wahrscheinlich.
Die Wahlberechtigten des 620.000 Einwohner zählenden Nato-Landes waren dazu aufgerufen, in der ersten Wahlrunde ihre Stimme abzugeben. Als Favorit galt der pro-westliche Amtsinhaber Milo Djukanovic, der gegen sechs Herausforderer antrat. Sollte keiner der sieben Kandidaten mehr als 50 Prozent der erforderlichen Stimmen erhalten, was sehr wahrscheinlich ist, dürfte die Entscheidung erst in einer Stichwahl am 2. April fallen. Die Ergebnisse werden für den Abend erwartet.
Der Präsident übt in Montenegro eine weitgehend repräsentative Funktion aus, die politische Macht liegt grösstenteils beim Regierungschef. Dennoch ist Djukanovic seit Ende der 1990er Jahre die dominierende politische Figur in Montenegro.
Der 61-Jährige führte das Land zur Unabhängigkeit von Serbien im Jahr 2006 und dann 2017 in die Nato. Der pro-westliche Staatschef will den Balkanstaat ausserdem in die EU führen. Die seit 2012 laufenden Gespräche über einen Beitritt Montenegros zur Europäischen Union gerieten aber zuletzt wegen Korruptionsvorwürfen und schleppender Reformen ins Stocken.
Am Donnerstag hatte Djukanovic nach monatelanger politischer Blockade das Parlament aufgelöst und am Freitag vorgezogene Wahlen für den 11. Juni angekündigt. Zuvor hatte das Parlament im August der pro-westlichen Regierung das Vertrauen entzogen. Danach kam aber monatelang keine neue Regierung zustande.
Djukanovics Gegner werfen ihm und seiner Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) Korruption und Verbindungen zum organisierten Verbrechen vor. Als wichtigster Konkurrent des Staatschef gilt Andrija Mandic von der pro-russischen Demokratischen Front. Aber auch Aleksa Becic von der Mitte-Rechts-Partei der Demokraten und Jakov Milatovic von der aufstrebenden Gruppierung Europa Jetzt werden laut Umfragen gute Chancen eingeräumt.
Eine Niederlage des pro-westlichen Amtsinhabers könnte einen Kurswechsel für Montenegro bedeuten. «Diese Wahlen werden darüber entscheiden, ob Montenegro bei seinen derzeitigen aussenpolitischen Zielen bleibt oder ob sich diese unter dem russisch-serbischen Einfluss ändern werden», sagte die Politikwissenschaftlerin Daliborka Uljarevic der Nachrichtenagentur AFP.
Viele Bürger sind von der bisherigen Politik ihres Landes ernüchtert. «Zum ersten Mal werde ich nicht an den Wahlen teilnehmen» sagte die 32-jährige Anwältin Anja der AFP. «Die jungen Leute verlassen das Land, weil sie hier keine Perspektive haben.» Sie sei «von den Machthabern enttäuscht», die Reformen und «einen schnellen Beitritt zur EU» versprochen hätten.