Demonstranten verhindern Sitzung des libanesischen Parlaments
Angesichts von heftigen Protesten vor dem libanesischen Parlament in Beirut ist eine Sitzung zu umstrittenen Gesetzesreformen abgesagt worden.

Das Wichtigste in Kürze
- In Beirut wollten Abgeordnete über umstrittene Gesetzesreformen beraten.
- Dutzende Demonstranten verhinderten die Sitzung des libanesischen Parlaments.
- Die Sitzung wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Zuvor hatte es im Zentrum von Beirut Zusammenstösse zwischen Sicherheitskräften und hunderten Demonstranten gegeben. Diese versuchten den Zusammentritt des Parlaments zu verhindern und dafür mehrere Zufahrtswege blockierten.
Die Polizei gab mehrere Warnschüsse ab, als ein Konvoi in der Nähe des Parlaments vorbeifuhr. So berichtete es der Fernsehsender LBC. Die Demonstranten reagierten empört.
«Revolution, Revolution»
«Das sind Beamte, wie können sie sich erlauben, das Feuer zu eröffnen gegen jene, die sie gewählt haben», sagte ein Demonstrant. Die Menge versuchte wiederholt die Absperrgitter und Stacheldrahtrollen zu entfernen, die den Zugang zum Parlament blockierten.
«Revolution, Revolution», skandierten die Demonstranten, die libanesische Flaggen schwenkten und auf Töpfe schlugen. Dies berichtet ein AFP-Reporter, der vor Ort anwesend war.
Generalamnestie für Straftäter
Das Parlament wollte über mehrere umstrittene Gesetzesreformen beraten, darunter eine Generalamnestie für tausende Straftäter. Die Demonstranten fürchten, dass davon auch Beamte und Politiker profitieren, die wegen Steuerhinterziehung, Bestechung oder Umweltvergehen verurteilt worden sind. «Wir wollen keine Amnestie, wir wollen, dass sie zuerst eine Regierung bilden», empörte sich Leila, eine Demonstrantin, vor dem Parlament.

Ebenfalls auf der Agenda des Parlaments stand ein Gesetzentwurf zur Bildung eines Sondergerichts für Finanzdelikte und Steuervergehen. Der Entwurf sieht vor, dass die Richter vom Parlament ernannt werden. Die Organisation Legal Agenda, die sich für mehr Transparenz bei der Gesetzgebung einsetzt, warnte aber. Dies würde die Gewaltenteilung untergraben und die Unabhängigkeit des geplanten Gerichts infrage stellen.
Stromausfälle und Müllkrise
Im Libanon gibt es seit Wochen Proteste gegen die politische Klasse. Die Demonstranten beschuldigen diese für die endemische Korruption, die staatliche Misswirtschaft und soziale und wirtschaftliche Probleme verantwortlich zu sein.
Darunter auch die chronischen Stromausfälle und die Müllkrise im Land. Unter dem Druck der Proteste trat Regierungschef Saad Hariri im Oktober zurück. Bisher wurde noch keine neue Regierung gebildet.