G20-Staaten wollen weltweite Corona-Impfungen vorantreiben
Mit Appellen zu einer Rückbesinnung auf den Multilateralismus hat am Samstag der G20-Gipfel in Rom begonnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Kanzlerin nimmt Scholz auf Gipfel mit zu bilateralen Treffen.
Die stärksten Wirtschaftsnationen der Erde müssten etwa mit der Unterstützung ärmerer Staaten bei den Corona-Impfungen ein Zeichen setzen, sagte der gastgebende italienische Ministerpräsident Mario Draghi. Er kritisierte es als «moralisch inakzeptabel», dass in den ärmsten Staaten gerade einmal drei Prozent der Menschen gegen das Virus geimpft seien. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte die Unterstützung Deutschlands zu.
«Ob Pandemie-Bekämpfung, Klimaschutz, ein gerechtes globales Steuersystem - es gibt keine Option, dies alles allein zu erreichen», sagte Draghi. In den vergangenen Jahren hätten «Protektionismus, Unilateralismus und Nationalismus» die Zusammenarbeit in der G20 belastet - nun sei es Zeit für eine Rückkehr zum Multilateralismus.
Die Welt sei nahe daran, dass von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgegebene Ziel einer weltweiten Impfrate von 40 Prozent zu erreichen, sagte Draghi. Nun müsse die Welt «alles tun, die globale Impfquote bis Mitte 2022 auf 70 Prozent zu steigern».
Kanzlerin Merkel stellte sich auf ihrem letzten G20-Gipfel hinter dieses Ziel. Sie verwies darauf, dass Deutschland in diesem Jahr 100 Millionen Impfdosen und im kommenden Jahr 75 Millionen Impfdosen an andere Länder spenden werde.
Die Finanz- und Gesundheitsminister sollten nun Vorschläge ausarbeiten, «um besser gerüstet zu sein bei späteren Ausbrüchen von Pandemien oder bei der Bewältigung dieser Pandemie», sagte Merkel. Dafür müssten dann auch die «entsprechenden finanziellen Sachgrundlagen» gelegt werden.
Für einen Missklang am ersten Gipfeltag sorgte Russlands Präsident Wladimir Putin: Er warf anderen Ländern der G20-Gruppe eine Behinderung der internationalen Impfkampagne vor, weil sie sich gegen eine gegenseitige Anerkennung von Impfstoffen sperrten. Er unterstellte ihnen «Protektionismus und unanständiges Konkurrenzdenken». Hintergrund ist der Umstand, dass der russische Impfstoff Sputnik V in den westlichen Ländern nicht zugelassen ist.
Auch Chinas Präsident Xi Jinping, der sich wie Putin per Video zu dem Gipfel zuschalten liess, forderte eine gegenseitige Anerkennung von Impfstoffen innerhalb der G20-Gruppe. Zudem sprach er sich für eine Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe aus, um diese weltweit günstig herstellen zu können. Die deutsche Regierung sperrt sich allerdings vehement gegen einen solchen Schritt.
Der G20 gehören die 19 wirtschaftsstärksten Länder aus allen Weltregionen sowie die EU an. Als Geste der Wertschätzung luden die italienischen Gastgeber Ärzte und Sanitäter ein, an dem traditionellen Gruppenfoto der G20-Chefs teilzunehmen. Kanzlerin Merkel würdigte dies als «besonders bewegend».
Auch wegen der Klimadiplomatie kommt dem G20-Gipfel eine Signalwirkung kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz in Glasgow zu. Gipfelgastgeber Draghi will erreichen, dass sich die G20-Gruppe als Ganzes zum 1,5-Grad-Ziel bekennt. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte die G20-Chefs am Freitag dazu aufgerufen, «mehr Ehrgeiz und mehr Tatkraft» in der Klimapolitik zu zeigen.
Als grossen Erfolg hoben die Gipfelteilnehmer die im Sommer erzielte Einigung der G20-Finanzminister auf die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung von Unternehmen hervor. Für deren Einführung gaben die G20-Chefs in Rom nun offiziell grünes Licht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüsste die Pläne: «Das ist ein klares Gerechtigkeitssignal.» US-Finanzministerin Janet Yellen sprach in Rom von einem «historischen» Schritt: Damit werde der «schädliche Wettlauf nach unten bei der Unternehmensbesteuerung beendet».
Merkel stellte in Rom auch ihren wahrscheinlichen Nachfolger Olaf Scholz (SPD) auf internationaler Bühne vor. US-Präsident Joe Biden sei am Rande des Gipfels zu einem kurzen Treffen mit Merkel und Scholz zusammengekommen, verlautete aus der US-Delegation. Zudem nahm Merkel den SPD-Politiker zu einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit; die drei Politiker liessen sich gemeinsam fotografieren.