Guaidó erhält Rückenwind aus Europa im venezolanischen Machtkampf
Rückenwind für Juan Guaidó aus Europa: Deutschland und rund ein Dutzend weitere EU-Staaten haben ihre Drohungen gegen Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro wahr gemacht und dessen Gegenspieler als Übergangspräsidenten anerkannt.

Das Wichtigste in Kürze
- Lima-Gruppe fordert friedlichen Machtwechsel - Neue Vorwürfe gegen Maduro.
Sie sprachen Maduro damit am Montag die Legitimität ab, nachdem dieser ein Ultimatum zu neuen Präsidentschaftswahlen hatte verstreichen lassen. Maduros Regierung erklärte, sie werde die Beziehungen mit den betreffenden Staaten überprüfen. Derweil berief Guaidó eine internationale Geberkonferenz für das krisengeschüttelte Land kommende Woche nach Washington ein.
Binnen weniger Stunden wurde die Liste der Länder, die den venezolanischen Parlamentspräsidenten Guaidó als rechtmässigen Interimspräsidenten anerkennen, immer länger: Bis Montagabend erkannten 19 EU-Staaten, darunter auch Frankreich, Spanien und Grossbritannien Guaidó an. Eine gemeinsame Anerkennung Guaidós durch die EU kam allerdings nicht zustande, Widerstand gab es nach Angaben von Diplomaten aus Italien.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begründete den Schritt bei ihrem Besuch in Tokio mit dem von der Bundesregierung und anderen EU-Staaten gesetzten Ultimatum, das Maduro in der Nacht zum Montag verstreichen liess. Deshalb sei jetzt Guaidó die Person, «mit der wir darüber reden, und von der wir erwarten, dass sie einen Wahlprozess möglichst schnell» einleite.
US-Aussenminister Mike Pompeo begrüsste den Schritt der europäischen Staaten. Er forderte andere Länder auf, es ihnen nachzutun. Die USA, Kanada, Australien, Israel und eine Reihe lateinamerikanischer Staaten, darunter die Nachbarländer Kolumbien und Brasilien, hatten Guaidó bereits zuvor anerkannt.
Maduros Regierung kündigte eine Überprüfung der Beziehungen zu den EU-Staaten an, die sich auf die Seite Guaidós gestellt hatten. Caracas werde «die bilateralen Beziehungen mit diesen Regierungen ab sofort vollständig überprüfen, bis sie aufhören, die Putschpläne zu unterstützen», erklärte das Aussenministerium.
Russland reagierte mit scharfer Kritik. Die Versuche, «die gesetzeswidrige Machtergreifung» Guaidós zu legitimieren, seien eine «Einmischung» in die inneren Angelegenheiten Venezuelas, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Maduro wird auch von China, Nordkorea, der Türkei, Mexiko und Kuba unterstützt.
Die sogenannte Lima-Gruppe aus südamerikanischen Staaten und Kanada forderte bei einem Krisentreffen in Ottawa das venezolanische Militär auf, sich hinter Guaidó zu stellen. In einer gemeinsamen Erklärung mahnten sie einen Regierungswechsel «ohne Gewaltanwendung» an. Die Armee gilt bislang als wichtige Stütze Maduros.
Die UNO erklärte, sie werde sich an keinem Treffen der verschiedenen internationalen Unterstützergruppen im venezolanischen Machtkampf beteiligen. So solle die «Glaubwürdigkeit» der Vereinten Nationen auf beiden Seiten gewahrt werden, teilte das Generalsekretariat mit.
Derweil kündigten Vertreter Guaidós für den 14. Februar eine internationale Geberkonferenz zugunsten Venezuelas an. Die Tagung habe zum Ziel, humanitäre Nothilfe zu organisieren. Maduro weigerte sich bislang, humanitäre Hilfe in sein Land zu lassen.
Guaidó warf der Armee-Führung vor, Pläne für die Veruntreuung möglicher Hilfen aus dem Ausland zu schmieden. Es gebe Informationen aus hochrangigen Militärkreisen, wonach nicht mehr über die Zulassung von Unterstützung diskutiert werde, sondern über Wege, diese zu «stehlen», sagte der selbsternannte Übergangsstaatschef vor Journalisten in Caracas. Demnach wolle die Maduro-Regierung die Hilfen anschliessend verteilen.
Zugleich bestätigte Guaidó, dass bereits humanitäre Hilfe in den Nachbarländern Kolumbien und Brasilien sowie in einem nicht näher genannten Karibikstaat vorbereitet werde.
Laut Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) stellt Berlin Mittel in Höhe von fünf Millionen Euro für humanitäre Hilfe für Venezuela zur Verfügung, sobald dies die politischen Verhältnisse zulassen. Kanadas Premierminister Justin Trudeau kündigte Hilfsgelder in Höhe von 53 Millionen Dollar (46,5 Millionen Euro) an.
Guaidó beschuldigte Maduro zudem, den Versuch unternommen zu haben, illegal öffentliche Gelder zu parken. Es gehe um einen Transfer von bis zu 1,2 Milliarden Dollar (1,05 Milliarden Euro) von der venezolanischen Bank für Wirtschaft und soziale Entwicklung auf eine Bank in Uruguay.