Forderungen nach besserem Schutz von Synagogen nach Anschlag in Halle
Nach dem antisemitischen Anschlag von Halle mehren sich die Rufe nach einem besseren Schutz von Synagogen.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Mittwoch verübte ein 27-Jähriger in Halle (D) einen Anschlag auf eine Synagoge.
- In Deutschland werden Forderungen nach besserem Schutz von jüdischen Einrichtungen laut.
Die EU-Antisemitismusbeauftragte Katharina von Schnurbein rief alle EU-Mitgliedstaaten auf, jüdische Einrichtungen ausreichend zu schützen und die Finanzierung der Sicherheitsmassnahmen zu übernehmen.
«Es gibt eine Reihe von Staaten, die Nachholbedarf haben», sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben).
Teilweise müssten jüdische Gemeinden 50 Prozent ihres Budgets für Sicherheitsmassnahmen ausgeben. «Die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaften ist Aufgabe und Verantwortung jedes einzelnen Staates», mahnte Schnurbein.
Annegret Kramp-Karrenbauer: «Brauchen absoluten Schutz»
Auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer forderte einen besseren Schutz von Synagogen. «Jüdische Einrichtungen müssen in Deutschland absoluten Schutz geniessen», sagte Kramp-Karrenbauer dem Berliner «Tagesspiegel» (Freitagsausgabe). Deshalb müsse geklärt werden, «warum die Synagoge in Halle an diesem hohen jüdischen Feiertag diesen Schutz nicht hatte».
Zudem müssten rechtsextremistische, antisemitische und auch islamistische Netzwerke zerschlagen werden, forderte die Bundesverteidigungsministerin. Dazu müssten Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste die richtigen Instrumente in die Hand bekommen «wie zum Beispiel längere DNA-Speicherfristen, damit Spuren zur Aufklärung schwerer Straftaten nicht verloren gehen», sagte Kramp-Karrenbauer. «Der rechtsextremistische, antisemitische Terroranschlag von Halle erfordert die volle Härte des Rechtsstaates.»
Justizministerin räumt Versäumnisse ein
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) forderte ebenfalls einen besseren Schutz der jüdischen Gemeinden. Politik, Justiz und Sicherheitsbehörden müssten sich jetzt dazu verpflichten, «dass wir jüdische Bürgerinnen und Bürger in diesem Land besser schützen», sagte sie am Donnerstagabend in den «Tagesthemen» der ARD.
Zugleich räumte die SPD-Politikerin Versäumnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Rechtsextremismus ein. «Ich bin der Meinung, dass wir vieles in diesem Land nicht in dieser Dramatik, in dieser Bedeutung wahrgenommen haben und dass es umso wichtiger ist, jetzt tatkräftig, entschlossen und konsequent als Rechtsstaat zu handeln.»
Nordrhein-Westfalen hat bereit reagiert
Derweil verschärfte das Bundesland Nordrhein-Westfalen laut einem Bericht der «Rheinischen Post» bereits den Schutz jüdischer Einrichtung. Die Zahl jüdischer Einrichtungen, die ab sofort rund um die Uhr von der Polizei bewacht werden, wurde demnach von drei auf 26 erhöht.
Darunter sind Synagogen, jüdische Gemeinde- und Altenzentren sowie jüdische Kindertagesstätten. Die übrigen 41 jüdischen Schutzobjekte in NRW werden regelmässig von Polizeistreifen beobachtet.
Ein Rechtsextremist hatte am Mittwoch nahe der Synagoge in Halle an der Saale einen Mann und eine Frau erschossen. Laut Ermittlern wollte er in der Synagoge am jüdischen Feiertag Jom Kippur ein «Massaker» anrichten, gelangte aber nicht in das Gotteshaus. Gegen den Tatverdächtigen Stephan B. wurde am Donnerstagabend Haftbefehl erlassen.