Gericht ordnet Freilassung von pro-kurdischem Politiker Demirtas an
Ein Gericht in Ankara ordnet die Freilassung von Oppositionspolitiker Selahattin Demirtas an. Seine Freilassung könnte sich aber noch herauszögern.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit 2016 sitzt Erdogan-Gegner Selahattin Demirtas in U-Haft.
- Nun ordnete ein Gericht seine Freilassung an.
Fast drei Jahre sitzt der türkische Oppositionspolitiker und Erdogan-Gegner Demirtas in Untersuchungshaft. Nun ordnet ein Gericht seine Freilassung an. Sofort kommt er jedoch nicht aus dem Gefängnis.
Ein Gericht in der türkischen Hauptstadt Ankara hat die Freilassung des inhaftierten pro-kurdischen Politikers Selahattin Demirtas im Hauptverfahren angeordnet.
Allerdings werde Demirtas zunächst im Gefängnis bleiben müssen. Dies weil er bereits in einem anderen Verfahren rechtskräftig verurteilt wurde. Das schrieb einer seiner Anwälte, Mahsuni Karaman, am Montag auf Twitter.
Die Anwälte hätten einen Antrag auf Anrechnung der Haftzeit gestellt und ebenfalls beantragt, dass Demirtas auf Bewährung entlassen werde. Er erwarte deshalb, dass sein Mandant bald freikomme, schrieb Karaman weiter. Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP forderte die «sofortige» Freilassung ihres ehemaligen Vorsitzenden.
Seit 2016 ist Selahattin Demirtas in U-Haft
Demirtas sitzt seit November 2016 in Untersuchungshaft. Gegen ihn laufen zahlreiche Prozesse. Im Hauptverfahren in Ankara werden ihm unter anderem Leitung einer Terrororganisation und Terrorpropaganda vorgeworfen.
Im Dezember 2018 hatte ein Berufungsgericht in Istanbul eine Haftstrafe von vier Jahren und acht Monaten bestätigt.
Im vergangenen Jahr hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geurteilt, dass die lange Untersuchungshaft nicht gerechtfertigt sei. Deshalb hat der EGMR die Freilassung von Demirtas angeordnet.
Die Türkei muss als Mitglied des Europarats Urteile des EGMR eigentlich umsetzen. Jedoch hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan gesagt, er fühle sich an dieses nicht gebunden.
Boykott von Empfang in Erdogans Palast
Zahlreiche Anwaltskammern warfen der Regierung am Montag vor, die Gewaltenteilung zu untergraben und boykottierten am Montag einen Empfang im Präsidentenpalast. Nach Angaben der Zeitung «Cumhuriyet» boykottierten 52 von 79 Anwaltskammern die Veranstaltung. Sie findet jedes Jahr zur Eröffnung des Gerichtsjahrs nach der Sommerpause statt.
Die Kammern kritisierten, dass die Veranstaltung in Erdogans Palast abgehalten wurde. Zudem kritisierten sie, dass «ein Grossteil der Grund- und Freiheitsrechte, allen voran die Meinungsfreiheit» in der Türkei vernichtet worden seien.
Erdogan bezeichnete die Vorwürfe in einer Rede als «haltlos» und sagte, es handle sich um «fanatische und provokative Anmassungen».
Demirtas war bis Februar 2018 Chef der HDP. Er nahm nach Angaben der Zeitung «Cumhuriyet» aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Fortsetzung seines Hauptverfahrens in Ankara teil. Demnach wurde er aus dem Gefängnis im westtürkischen Edirne heraus per Video zugeschaltet.
Erdogan hält die HDP für den verlängerten Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Zudem bezeichnete er Demirtas immer wieder als «Terroristen».