Hunderte Marokkanerinnen bekennen sich zu illegalen Abtreibungen
Hunderte Marokkanerinnen haben sich zu Verstössen gegen das restriktive Abtreibungsgesetz ihres Landes bekannt: Sie unterzeichneten ein öffentliches Manifest.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bekenntnisse dienen als Protest gegen das «ungerechte, veraltete» Gesetze des Landes.
- Hintergrund ist der Fall einer marokkanischen Journalistin, die derzeit vor Gericht steht.
Sie hätten sich Schwangerschaftsabbrüchen unterzogen, diese vorgenommen oder an ihnen mitgewirkt, schrieben 490 Frauen in einem am Montag in marokkanischen Medien veröffentlichten Manifest. Zudem bekannten sie sich zu ausserehelichem Sex.
Der Aufruf wurde von der französisch-marokkanischen Schriftstellerin Leïla Slimani mitverfasst und richtet sich gegen die «ungerechten, veralteten» Gesetze des Maghreb-Staats. «Die Kultur der Lügen und der sozialen Heuchelei erzeugt Gewalt, Willkür, Intoleranz», heisst es in dem Manifest. Die Gesetze seien zu «Werkzeugen für politische oder persönliche Rache» geworden.
Die Filmemacherin Sonia Terrab, eine weitere Autorin der Erklärung, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Unterzeichnerinnen seien «Lehrerinnen, Bankerinnen, Hausfrauen, Studentinnen, Künstlerinnen und Intellektuelle».
Hintergrund der ungewöhnlichen Initiative ist der Fall der marokkanischen Journalistin Hajar Raissouni, die derzeit vor Gericht steht, weil sie eine aussereheliche Beziehung geführt und eine Schwangerschaft illegal beendet haben soll. Nach dem marokkanischen Gesetz steht Sex ausserhalb der Ehe unter Strafe. Verboten sind ausserdem Abtreibungen, es sei denn, das Leben der Mutter ist in Gefahr.
In Marokko finden Schätzungen zufolge täglich zwischen 600 und 800 illegale Abtreibungen statt. Im vergangenen Jahr wurden mehrere tausend Menschen wegen ausserehelicher Beziehungen, 170 wegen Homosexualität und 73 wegen Schwangerschaftsabbrüchen verurteilt.