Gut drei Wochen vor der Parlamentswahl in Grossbritannien hat der Streit um den Brexit die erste Fernsehdebatte zwischen Premierminister Boris Johnson und Oppositionsführer Jeremy Corbyn beherrscht.
Boris Johnson (l.) und Jeremy Corbyn
Boris Johnson (l.) und Jeremy Corbyn - ITV/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Zuschauer sehen beide Rivalen laut Umfrage gleichauf.
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In dem am Dienstagabend zur besten Sendezeit übertragenen Duell kam es zwischen den Rivalen zeitweise zu heftigen Wortwechseln. Aus Sicht der Zuschauer endete die Debatte einer Umfrage zufolge in einem Unentschieden - ein Erfolg für den bisher weit abgeschlagenen Labour-Chef Corbyn.

Johnson, dessen Partei vor der vorgezogenen Parlamentswahl am 12. Dezember vorn liegt, betonte in der Fernsehdebatte seine Entschlossenheit, Grossbritannien dreieinhalb Jahre nach dem Referendum endlich aus der Europäischen Union zu führen. Wie ein Mantra wiederholte er sein Motto «den Brexit erledigen».

«Wir werden mit Sicherheit am 31. Januar raus sein», sagte Johnson. Das mit der Europäische Union geschlossene Austrittsabkommen sei «ofenfertig».

Corbyn wiederum warb für neue Verhandlungen mit Brüssel und kündigte an, ein weiteres Referendum abhalten zu wollen. Johnson konterte: «Werden Sie für den Austritt oder den Verbleib werben?» Corbyn ignorierte den Seitenhieb.

In dem vom Fernsehsender ITV übertragenen Duell beantworteten die beiden Parteichefs vor einem Live-Publikum in Manchester Fragen von Zuschauern. Dabei ging es unter anderem um das Vertrauen in Politiker, die Zukunft Schottlands und auch die britische Monarchie.

Besonders heftig verlief der Schlagabtausch beim Thema Gesundheitsvorsorge und den künftigen Beziehungen zu den USA. Corbyn warf den Konservativen von Johnson vor, das nationale Gesundheitssystem NHS an die USA und grosse Pharmakonzerne «verkaufen» wollen. Es habe bereits eine Reihe geheimer Treffen gegeben, in denen es um die Öffnung des britischen Gesundheitssystems für US-Firmen gegangen sei.

Johnson nannte die Vorwürfe «eine absolute Erfindung». «Was würde das NHS stärker ruinieren als ein irrer Plan für eine Vier-Tage-Woche», sagte der Premier mit Blick auf das Vorhaben von Labour, innerhalb eines Jahrzehnts die Arbeitswoche um einen Tag zu kürzen.

Für Empörung sorgten Johnsons konservative Tories, die Nutzer des Kurzbotschaftendienstes Twitter während der Übertragung mit einem angeblich neutralen Faktencheck täuschten. Sie änderten ihr Twitter-Konto kurzerhand in «factcheckUK», um in mehreren abgesetzten Tweets Corbyns Aussagen zu widerlegen.

Die Aktion brachte der Partei viel Kritik ein: «Keine politische Partei sollte versuchen, sich unter dem Deckmantel unabhängiger Journalisten zu tarnen», sagte Ben de Pear, der Herausgeber von Channel 4 News, der einen eigenen Faktencheck-Kanal betreibt. Twitter kündigte an, einzuschreiten, sollte es einen neuen Versuch geben, im britischen Wahlkampf «Menschen zu täuschen».

Aussenminister Dominic Raab, ein einflussreiches Mitglied der Tories, verteidigte dagegen das Vorgehen seiner Partei. Die Umbenennung habe eine «sehr gute, sofortige Widerlegung» des «Unsinns» der Labour-Partei ermöglicht, sagte Raab der BBC.

Eine Umfrage des Instituts YouGov nach der Debatte sah Johnson und Corbyn nahezu gleichauf. Für 51 Prozent der Befragten ging der Premier als Sieger aus dem Aufeinandertreffen hervor, für 49 Prozent der Oppositionsführer. Dieses Ergebnis ist durchaus ein Erfolg für Corbyn, dessen Partei laut einer Umfrage von Britain Elects bei gut 28 Prozent der Stimmen liegt - zehn Prozentpunkte hinter den Tories.

Es war die erste Fernsehdebatte vor der Parlamentswahl. Kleinere Parteien waren diesmal aussen vor. Sie hatten vor Gericht vergeblich versucht, eine Teilnahme zu erzwingen. Bei folgenden Fernsehdebatten sind sie aber dabei, bevor sich Johnson und Corbyn eine Woche vor dem Urnengang noch einmal einem Duell in der BBC stellen.

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