Kemi Badenoch zur Chefin der Konservativen gewählt
Die ehemalige Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch wurde als Nachfolgerin von Rishi Sunak zur neuen Chefin der Konservativen in Grossbritannien gewählt.
Wie die Tory-Partei in London mitteilt, hat Kemi Badenoch die Wahl zur neuen Chefin der Konservativen Partei in Grossbritannien gewonnen. Die frühere Wirtschaftsministerin wird dem Ex-Premierminister Rishi Sunak nachfolgen.
Nach der historischen Niederlage bei der Parlamentswahl, erhofft sich die Partei mit Badenoch den Wiedereinzug in die Regierung. Nach dem EU-Austritt Grossbritanniens scheiterten fünf Premierminister an den Folgen des Brexits.
Tories: Von Erfolgspartei zur Verlustpartei
Unter den Tories kehrte seitdem keine Ruhe ein. Zuvor hatten sie jahrzehntelang den Status einer der erfolgreichsten demokratischen Parteien Westeuropas gehalten.
Mittlerweile haben die Tories nur noch 121 Plätze unter den 650 Abgeordneten im Londoner Unterhaus. Das Vertrauen der Wähler ist immens zurückgegangen.
Die Anforderung an Badenoch: Stabilität und Geschlossenheit herbeiführen.
Wandel zum Rechtspopulismus
Die 44-Jährige gilt als Frau klarer Worte, ohne Rücksicht auf Personen und Ämter. Sie vertritt, ebenso wie ihr unterlegener Kontrahent Robert Jenrick, den rechten Parteiflügel.
Der Politologe Tim Bale von der Queen Mary University of London äusserte gegenüber der «Deutschen Presse-Agentur»: Die Konservativen würden immer mehr von einer Mitte-Rechts-Kraft zu einer radikalen rechtspopulistischen Partei werden.
Bale erwartet kommende Forderungen zu möglichst geringer staatlicher Einmischung. Er rechnet mit nationalistischer und einwanderungsfeindlicher Politik, die sich auch gegen Klimaneutralität richten wird.
Kemi Badenoch ist «bereit, ihre Meinung zu sagen»
Bodenoch wurde in London geboren, ist aber in Nigeria aufgewachsen. Über ihre politischen Vorhaben hat die studierte Computerwissenschaftlerin bislang wenig verraten.
Die Mutter dreier Kinder äusserte sich in der Vergangenheit kritisch zu Genderfragen und gibt sich als «Anti-Woke-Kulturkriegerin». Zu ihrer Zeit als Ministerin für Gleichberechtigung plädierte sie unter anderem gegen eine Anhebung des Mutterschaftsgelds.
Der Politologe Mark Garnett von der Universität Lancaster erklärte gegenüber «dpa»: «Parteimitglieder erachten Kemi Badenoch als prinzipientreu und bereit, ihre Meinung zu sagen, auch wenn dies zu Kontroversen führt.»
Parallelen zu Margaret Thatcher
Sie handle ähnlich der Ex-Premierministerin Margaret Thatcher, die von vielen Tory-Mitgliedern noch immer verehrt werde. Garnett zweifelt mit dem scharfen Rechtskurs jedoch die Zukunft der Tories als Volkspartei an.
Denn die meisten Wähler würden immer noch der politischen Mitte nahestehen. Das hätte die Wahl im Juli gezeigt, welche zugunsten der sozialdemokratischen Labour-Partei ausfiel.
Die unmittelbare Herausforderung für die Konservativen bestehe zwar darin, Wähler von der rechtspopulistischen Partei Reform UK zurückzugewinnen. Parteichef Nigel Farage, der einst den Brexit massgeblich vorangetrieben hatte, jagte den Konservativen zahlreiche Stimmen ab.
Erfolg von Premierminister abhängig
Aber «eine Annäherung an Reform UK birgt» auch ein «Risiko», so Garnett. Nämlich, «Unterstützung aus dem Mitte-Rechts-Spektrum zu verlieren und unbeabsichtigt die Anziehungskraft des populistischeren Farage zu erhöhen.»
Ob Bodenoch die enorme Lücke zur Labour-Partei schliessen könne, hängt laut Bale von Premierminister Keir Starmer ab: Es sei abzuwarten, ob jener die öffentlichen Dienstleistungen verbessern und das Wirtschaftswachstum ankurbeln könne.
Und auch Garnett betont: «Um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen, muss die neue Parteichefin aus den Fehlern der Labour-Partei das Beste machen.»