Kirchenrichter fordert unabhängige Gerichtshöfe bei Missbräuchen
Das Wichtigste in Kürze
- Für den Nicolas Betticher ist klar: Es braucht unabhängige Gerichtshöfe für Missbrauch.
- Nur so könne laut dem Schweizer Kirchenrichter die Institution glaubwürdig werden.
«Der Bischof ist der Arbeitgeber, der den Priester einstellt. Er ist der oberste Richter, der den Täter verurteilt. Und er ist auch der spirituelle Vater, der die Opfer schützt.» Dies sagte Nicolas Betticher in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen vom Dienstag.
Dieses Modell der drei Gewalten in einer Person sei «ungesund und unglaubwürdig». Es werde den Opfern nicht gereicht und die Bischöfe würden darunter leiden, so der leitende Schweizer Kirchenrichter.
Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche müssen gemäss deren Richtlinien heute zwingend der Strafjustiz gemeldet werden. Kirchenintern ist primär der Bischof für deren Aufarbeitung zuständig.
Papst könnte laut Kirchenrichter sofort reagieren
Betticher schlägt vor, dass für jede nationale Bischofskonferenz ein Gerichtshof geschaffen werde, der sich mit Missbrauchsfällen befasse. Diesem Gericht sollten nicht nur Kirchenrechtler angehören.
Sondern auch unabhängige Juristen, Psychiater und Ärzte – Männer wie Frauen. Das neue Gericht müsse vom Papst ermächtigt entscheiden und urteilen können. «Das wäre völlig neu, gewiss. Bislang kann nur der Bischof Recht sprechen.»
Der Papst könnte solche Gerichtshöfe aber sofort einrichten. Betticher will seinen Vorschlag an der Konferenz der Schweizer Kirchenrechtler im September diskutieren lassen.
Nicolas Betticher ist Pfarrer in Bern
Der 59-jährige Nicolas Betticher ist leitender Richter am interdiözesanen kirchlichen Gericht in Freiburg und Pfarrer in Bern. Der Freiburger Jurist und Theologe war zuvor unter anderem Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz.
Er war auch schon CVP-Grossrat in Freiburg. Amtete als Sprecher von CVP-Bundesrätin Ruth Metzler und war Offizial und Generalvikar im Westschweizer Bistum.