Kramp-Karrenbauer übernimmt Verteidigungsministerium zusätzlich zu CDU-Vorsitz
Mit ihrem Eintritt ins Kabinett hat CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer Parteifreunde und Opposition überrascht.
Das Wichtigste in Kürze
- Parteichefin sitzt künftig in Merkels Kabinett - Opposition bezweifelt Kompetenz.
Die 56-Jährige übernahm am Mittwoch offiziell ihr neues Amt als Bundesverteidigungsministerin und kündigte an, dem Wohl der Soldaten «höchste politische Priorität» zukommen zu lassen. Die Opposition, aber auch der Koalitionspartner SPD kritisierten ihren Schritt. Die Rede war von einer «Zumutung für die Truppe».
Die bisherige Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) empfing ihre Nachfolgerin mit militärischen Ehren am Berliner Dienstsitz des Verteidigungsministeriums. Sie übernehme das Ministeramt «mit einem hohen Respekt, mit vollem Herzen und voller Überzeugung», sagte Kramp-Karrenbauer. Zur ihren politischen Plänen im Wehrressort äusserte sie sich zunächst nicht.
Kramp-Karrenbauer will auch als Verteidigungsministerin CDU-Vorsitzende bleiben. Wie sie künftig ihre Zeit zwischen Parteizentrale und Ministerium aufteilen will, stand zunächst noch nicht fest. Ein Plan sei in Arbeit, hiess es im Adenauerhaus. Absehbar sei, dass die Rolle von Generalsekretär Paul Ziemiak in der CDU-Zentrale durch Kramp-Karrenbauers Eintritt ins Kabinett «massiv aufgewertet» werde.
Ihren Amtseid als Ministerin soll Kramp-Karrenbauer am kommenden Mittwoch vor dem Bundestag ablegen. Dafür werden die Abgeordneten zu einer Sondersitzung aus der Sommerpause zurückgerufen. Noch vor zwei Wochen hatte Kramp-Karrenbauer einen Wechsel ins Kabinett abgelehnt mit dem Hinweis, dass sie sich ganz der Führung der CDU widmen wolle.
Die SPD und die Oppositionsparteien äusserten Zweifel an Kramp-Karrenbauers Kompetenz für das neue Amt und vermuteten parteitaktische Gründe hinter ihrer Ernennung.
Der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs sprach Kramp-Karrenbauer die Glaubwürdigkeit ab, weil sie bis vor kurzen noch ein Ministeramt abgelehnt habe. «Ein Wortbuch ist kein guter Start für eine Verteidigungsministerin», sagte er dem «Spiegel». Der neuen Ministerin fehle es an Kompetenz.
Versöhnlicher äusserte sich SPD-Vize Olaf Scholz. «Wir werden gut zusammenarbeiten», sagte der Bundesfinanzminister im französischen Chantilly mit Blick auf die neue Ministerin. Es sei «das Recht» der CDU-Chefin, ins Kabinett einzutreten.
Die FDP-Verteidigungsexpertin Agnes-Marie Strack-Zimmermann zog Kramp-Karrenbauers Kompetenz in Zweifel: «Das hat die gebeutelte Bundeswehr nicht verdient», sagte sie zu AFP.
Linken-Chef Bernd Riexinger befürchtete, dass es mit der neuen Ministerin zu mehr Auslandseinsätzen kommen könnte: «Erst kürzlich hatte sie die Frage offengelassen, ob sich deutsche Bodentruppen am völkerrechtswidrigen Krieg in Syrien beteiligen sollten», sagte Riexinger zu AFP.
Der Bundeswehrverband forderte die neue Ministerin gegenüber «Focus Online» auf, die Wehrausgaben zu erhöhen. Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) mahnte die neue Ministerin im «Tagesspiegel» zu schnellen Entscheidungen, was die Beschaffung von dringend benötigtem Material für die Truppe angeht.
Mit ihrem Eintritt ins Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) überraschte Kramp-Karrenbauer auch die eigenen Parteifreunde. Ihren Entschluss habe sie am Dienstagabend am Ende einer Telefonkonferenz mit dem Parteipräsidium verkündet, hiess es aus CDU-Kreisen. Sie habe auf die hohe politische Bedeutung des Verteidigungsressorts verwiesen.
Kramp-Karrenbauers Entscheidung sei «sehr positiv» aufgenommen worden, hiess es weiter. Bis Dienstag war vor allem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als Favorit für das Amt gehandelt worden.
Kramp-Karrenbauers Entscheidung ist keinesfalls ohne Risiko: Das Ministeramt gilt als politischer Schleudersitz. Ihre Vorgängerin trug dort einige Blessuren davon - etwa in der Berateraffäre, der Affäre um die Kostenexplosion bei der Sanierung des Segelschulschiffs «Gorch Fock» und durch Material- und Ausrüstungsmängel.
In einer Schnellumfrage im Auftrag des «Handelsblatts» gaben 57 der Befragten an, sie trauten der CDU-Chefin das Amt als Verteidigungsministerin nicht zu. Nur zwölf Prozent stuften sie als kompetent ein. Für die Erhebung wurden 552 Bürger befragt.