Lauterbach kritisiert bayerische Ankündigung zu Impfpflicht als gefährlich
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die von Bayern angekündigte Aussetzung der Impfpflicht in der Pflege als «gefährliches Signal» kritisiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Auch Laschet geht auf Distanz zu Söder.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vermittle mit seiner Entscheidung den Eindruck, als beuge er sich den Corona-Protesten auf der Strasse, sagte Lauterbach am Dienstag in Berlin. Der Präsident des Bundessozialgerichts (BSG), Rainer Schlegel, erklärte derweil in Kassel, seiner Einschätzung zufolge könnten die Bundesländer die Impfpflicht nicht aussetzen.
Lauterbach übte scharfe Kritik an Söder. Der Regierungschef aus München sende mit seiner Entscheidung das Signal aus, «der Protest gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht auf der Strasse ist wichtiger als der Schutz der Menschen, die hilflos auf eine gute Versorgung warten», sagte der Minister. «Uns geht es um den Schutz der dort den Mitarbeitern anvertrauten Menschen», betonte er.
Lauterbach räumte ein, dass die Umsetzung des einrichtungsbezogenen Impfpflicht eine «unbeliebte Vollzugsmassnahme» sei, die dazu führe, dass in einigen Ländern zumindest zeitweise Personal ausfallen könne. «Das macht niemand gern.» Er hoffe aber weiterhin auf eine Einigung mit den Ländern.
Auf Distanz zu Söder ging auch der frühere CDU-Chef Armin Laschet. «Diese Strategie erschliesst sich mir nicht ganz. Auch Bayern hat im Januar dringend gefordert, man soll diese Impfpflicht in besonderen Einrichtungen einführen. Jetzt haben wir Februar und jetzt will man sie nicht umsetzen», kritisierte er im TV-Sender «Welt». «Es kann nicht ein Land ein Gesetz, das gilt, einfach nicht umsetzen», warnte Laschet weiter.
BSG-Präsident Schlegel betonte vor Journalisten in Kassel, das im Dezember geänderte Infektionsschutzgesetz lege eindeutig fest, dass Ungeimpfte oder Genesene ab dem 16. März in bestimmten Pflege- und Gesundheitseinrichtungen nicht mehr arbeiten dürfen. Ausnahmen auf Landesebene seien nur zulässig, wenn es nicht genug Impfstoff gibt.
Mehrere andere Länder kündigten derweil an, das Gesetz anders als Bayern umzusetzen. Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) warf Söder und anderen Spitzenpolitikern der Union am Dienstag in Mainz vor, dass beschlossene Gesetz «einseitig» und im Alleingang aufzukündigen und damit «Verunsicherung» zu schüren.
Auch der schleswig-holsteinische Regierungschef Daniel Günther (CDU) kündigte an, sein Land werde die Impfpflicht wie geplant zum 15. März umsetzen. «Das ist ein Bundesgesetz, daran halten wir uns», stellte auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) klar. In der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» äusserte er allerdings Zweifel, ob der Bundestag auch eine allgemeine Impfpflicht beschliessen werde.
Bayerns Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) verteidigte am Dienstag die Entscheidung der Landesregierung, die Impfpflicht für Pflegekräfte vorerst nicht umzusetzen. Die Impfpflicht zum 15. März ohne Vorlauf in Kraft zu setzen, würde «ins Chaos führen», sagte er nach einer Sitzung des Landeskabinetts in München vor Journalisten. Die bayerische Regierung halte eine solche Impfpflicht prinzipiell für richtig, die Regelung müsse dabei jedoch «administrierbar» sein.
Mehrere CDU-Ministerpräsidenten kritisierten fehlende Vorgaben. «Der Bund hat es bis heute versäumt, für die einrichtungsbezogene Impfpflicht wesentliche bundeseinheitliche Regeln vorzulegen», erklärte Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU). In der Umsetzung stosse diese auf «enorme Schwierigkeiten», sagte er in Düsseldorf. Sein Land werde einen «möglichst praxisorientierten Weg» zur Umsetzung suchen, so lange das Gesetz gelte.
Auch aus der Unionsfraktion im Bundestag kamen Forderungen nach Nachbesserungen. Es gebe «offene Fragen» etwa mit Blick auf das Arbeitsrecht, sagte deren parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU) der «Augsburger Allgemeinen».