May will EU in Brief von Brexit-Verschiebung überzeugen
Kurz vor dem EU-Gipfel will die britische Regierungschefin Theresa May die anderen Mitgliedstaaten mit einem Brief von einer Brexit-Verschiebung überzeugen.
Das Wichtigste in Kürze
- Berichte über Pläne für deutliche Verlängerung - EU zunehmend ungeduldig.
May werde in dem Schreiben an EU-Ratspräsident Donald Tusk eine Fristverlängerung beantragen, sagte ihr Sprecher am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in London. Berichten zufolge will sie einen Aufschub erwirken, der deutlich länger als nur ein paar Monate ist. Die EU zeigte sich zunehmend ungeduldig mit den Briten.
Mays Brief solle noch im Laufe des Dienstags, spätestens aber am Mittwoch versandt werden, sagte ihr Sprecher. In Medienberichten war davon die Rede, dass die Premierministerin um einen Aufschub des EU-Austritts um ein Jahr bitten werde. Ihr Sprecher machte dazu keine Angaben. Bislang ist vorgesehen, dass Grossbritannien die EU am 29. März verlässt.
Die anderen 27 EU-Staaten müssten einen Brexit-Aufschub einstimmig billigen. Sie verlangen dafür klare Lösungsvorschläge von London. Die Verlängerung der Frist über den 29. März hinaus sei «weder selbstverständlich noch automatisch», hiess es am Dienstag aus dem Elysée-Palast in Paris.
EU-Verhandlungsführer Michel Barnier forderte für den Fall einer langen Verschiebung des Brexit «etwas Neues» von London. Er sprach dabei von «einem neuen Ereignis, einem neuen politischen Prozess». Für diesen Fall war in der Vergangenheit über Neuwahlen oder ein zweites Brexit-Referendum spekuliert worden.
Auch die Bundesregierung zeigte sich ungehalten über London. «Die Zeit läuft aus», warnte Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. «Es muss Schluss sein mit den Spielchen.» Die Briten müssten endlich «liefern». Die Stimmung unter den EU-Staaten sei «sehr schlecht».
Das britische Unterhaus hatte den mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag vergangene Woche zum zweiten Mal abgelehnt. May wollte ihn eigentlich vor dem EU-Gipfel am Donnerstag erneut zur Abstimmung stellen. Parlamentspräsident John Bercow hatte aber am Montag unter Berufung auf eine Regel aus dem 17. Jahrhundert erklärt, die Regierung könne über eine unveränderte Vorlage nicht erneut abstimmen lassen.
Die EU lehnt Änderungen am eigentlichen Austrittsvertrag weiter ab. Barnier bot aber Änderungen an einer begleitenden politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen an. Sie könne «in den kommenden Tagen ehrgeiziger gemacht werden», sagte er.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Berlin, sie werde «bis zur letzten Stunde» für einen geordneten Brexit kämpfen. Es gebe «immer noch einige Tage Zeit» für eine Einigung. Angesichts der unklaren Lage sehe sie sich allerdings «zu dieser Stunde ausserstande, irgendwie zu mutmassen, wofür ich am Donnerstag sein werde», fügte Merkel mit Blick auf den EU-Gipfel hinzu.
Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Montag gesagt, er plädiere auch bei einem chaotischen Brexit ohne Vertrag für eine Verschiebung des Austritts. Diplomaten verwiesen darauf, dass in der EU viele Unternehmen weiter nicht ausreichend auf einen harten Brexit vorbereitet sind.
Barnier verwies darauf, dass eine Verschiebung unter unklaren Bedingungen für die EU einen Preis habe. «Eine Verlängerung der Unsicherheit ohne klaren Plan würde die wirtschaftlichen Kosten für unsere Unternehmen erhöhen», sagte der Franzose. Sie könne aber «auch politische Kosten für die EU haben».
Die rumänische EU-Ratspräsidentschaft schloss auch einen weiteren EU-Gipfel in der kommenden Woche zum Brexit nicht aus. «Die Zeit läuft niemals aus», sagte Europaminister George Ciamba.