Merz sieht Zusagen von Scholz bei Verteidigungsausgaben nicht erfüllt
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeworfen, sein vor einem Jahr ausgerufenes Ziel bei der Erhöhung der Verteidigungsausgaben nicht eingehalten zu haben.
Statt sofort das Nato-Ziel von mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu erreichen, sei der Verteidigungshaushalt in diesem Jahr sogar um 300 Millionen Euro gesunken, sagte Merz am Donnerstag in seiner Replik auf die Regierungserklärung von Scholz zu «ein Jahr Zeitenwende» im Bundestag. «Wir entfernen uns von diesem Ziel.»
Von dem nach dem Beginn des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beschlossenen Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr seien bisher erst 600 Millionen Euro ausgegeben. «Und weitere Bestellungen lassen auf sich warten.» Sicherheit in Europa müsse nun gegen Russland organisiert werden, sagte Merz. «Und dazu, Herr Bundeskanzler, müssen Entscheidungen getroffen werden und nicht nur Regierungserklärungen abgegeben werden.»
Scholz hatte das Sondervermögen in seiner «Zeitenwende»-Rede im Bundestag am 27. Februar vergangenen Jahres nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine angekündigt. Zu den Verteidigungsausgaben sagte er damals: «Wir werden von nun an – Jahr für Jahr – mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.»
Scholz sprach in seiner Regierungserklärung am Donnerstag davon, dass Deutschland «dauerhaft das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreichen» werde. «Diese Zusage, die ich hier am 27. Februar vergangenen Jahres gegeben habe, gilt.»
Nach Nato-Angaben lag der Anteil der deutschen Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr unter 1,5 Prozent. Der eigentliche Verteidigungshaushalt schrumpft von 2022 auf 2023 um knapp 300 Millionen Euro auf 50,1 Milliarden Euro, nachdem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ab diesem Jahr wieder die Schuldenbremse im Grundgesetz einhält.
Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel voraussichtlich erst 2024 und 2025 erreichen – nämlich dann, wenn Ausgaben aus dem Sondervermögen zu Buche schlagen. Ab 2026 wäre Deutschland demnach voraussichtlich wieder unter zwei Prozent, wenn der reguläre Verteidigungshaushalt nicht «um mindestens fünf Prozent» pro Jahr steigt.