«Kein Rückgrat» – SVP-Martullo greift Bundesrat in EU-Arena an

Etienne Sticher
Etienne Sticher

Zürich,

In der «Arena» zur EU kämpft Martullo-Blocher alleine gegen das neue Abkommen. Es sei eine Misere und ein Desaster, der Bundesrat habe keinen Mut gezeigt.

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SVP-Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher sagt in der «Arena», die Schweiz unterwerfe sich der EU. - srf, keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In der «Arena» diskutieren die Parteispitzen das neue Abkommen mit der EU.
  • FDP-Burkart will bei der Personenfreizügigkeit Konkretisierungen.
  • GLP-Moser findet, der Kohäsionsbeitrag sei im Interesse der Schweiz.

Der Bundesrat hat gestern die Katze soweit möglich aus dem Sack gelassen: Die Verhandlungen mit der EU konnten abgeschlossen werden. Viele Details sind zwar noch unklar, aber in der Stossrichtung haben sich die Parteien bereits festgelegt. Einige Themen geben viel zu diskutieren, was die Parteispitzen in der «Arena» dann auch taten.

Mitte-Präsident Gerhard Pfister spricht von einem «Meilenstein», er sei froh, habe der Bundesrat den Abschluss geschafft. Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone ist «sehr zufrieden», man stoppe so die Erosion des bilateralen Weges.

FDP-Chef Thierry Burkart findet, das aktuelle Resultat sei eher im Interesse der Schweiz als noch das Rahmenabkommen. Er will, wenn er den Vertrag erhält, die Details analysieren und Vor- und Nachteile abwägen. GLP-Ständerätin Tiana Moser lobt den Bundesrat, er habe gut verhandelt.

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SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer in der «Arena». - srf

Leichte Kritik gibt es von SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. Sie begrüsse zwar, dass das Verhandlungspaket auf dem Tisch liege, es bringe die Schweiz einen grossen Schritt weiter. Sie besorge aber, dass der Bundesrat das Versprechen des Lohnschutzes nicht erfüllen könne. «Ich bin aber zuversichtlich, dass es eine Lösung geben wird.»

Starke Kritik äussert SVP-Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher, die das Paket als «Desaster und Misere» bezeichnet. Man unterwerfe sich der EU, gebe ein gutes für ein schlechtes System auf. «Ich habe gehofft, der Bundesrat hat das Rückgrat, das zu verhindern, doch er hat keinen Mut gezeigt.» Die Regierung mache einen «Kniefall» vor der EU, es zeuge von Schwäche.

Meyer in «Arena»: Müssen unseren Beitrag leisten

Teil des neuen Pakets ist die Aufstockung des jährlichen Kohäsionsbeitrags von 150 Millionen auf 350 Millionen Franken. Burkart findet das zwar nicht schön, es sei halt aber einfach so, wenn man am Binnenmarkt teilnehmen wolle. Andere Länder würden dies auch tun.

Pfister vergleicht den Kohäsionsbeitrag mit den Ausgleichszahlungen der Kantone in der Schweiz. Und Meyer betont die Solidarität. Es sei klar, dass man bezahlen müsse, wenn man exportieren und vom Markt profitieren wolle. «Wir müssen unseren Beitrag leisten.»

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Mitte-Präsident Gerhard Pfister in der «Arena». - srf

Martullo-Blocher kritisiert die Zahlung aber scharf: Es sei unüblich, zu bezahlen, um in einen Markt exportieren zu dürfen. Kein Freihandelspartner der Schweiz würde eine Bezahlung fordern. Zudem seien die anderen Staaten, die einen Kohäsionsbeitrag bezahlten, EWR-Mitglieder und nicht Drittstaaten.

Moser sieht im Kohäsionsbeitrag einen Nutzen für die Schweiz: «Wir haben null Interesse daran, dass es noch mehr Ungleichheit in der EU gibt.»

«Arena»: Burkart will Konkretisierung bei Schutzklausel für Personenfreizügigkeit

Bei der Personenfreizügigkeit ist eine Schutzklausel geplant, die die Schweiz bei schweren sozialen oder wirtschaftlichen Problemen anrufen kann. Wann dies der Fall sei, definiere die EU laut Pfister aber anders als die Schweiz. Denn aus Sicht der EU habe die Schweiz keine Probleme. Er will es deshalb genauer definieren.

Auch Burkart fordert Konkretisierungen in diesem Bereich. Er erklärt den Prozess: «Wir können die Schutzklauseln anrufen, die EU muss es neu akzeptieren.» Ein Schiedsgericht entscheide dann, ob es gerechtfertigt sei und lege, falls nicht, Ausgleichsmassnahmen fest.

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FDP-Präsident Thierry Burkart in der «Arena». - srf

Martullo-Blocher ist auch damit nicht einverstanden, denn diese Schutzklausel gebe es genau so auch heute schon. Zudem müsse die Schweiz Strafzahlungen tätigen, selbst wenn sie die Schutzklausel gerechtfertigt anrufe.

Mazzone in «Arena»: Die Schweiz bleibt die Schweiz

Ein weiterer Streitpunkt ist die Übernahme von EU-Recht. Für Tiana Moser gibt es hier Veränderung zum Besseren: Heute passe die EU die Gesetze an, die Schweiz könne sie annehmen und dann von der EU anerkennen lassen.

Neu würde die Schweiz bereits früher mitreden, mitgestalten und mitwirken können. Deswegen werde grundsätzlich davon ausgegangen, dass man es dann übernehme. Dennoch könnten Parlament und Volk noch mitsprechen. Sie betont, dass nichts automatisch passiere.

Findest du es gut, dass die Schweiz neue Verträge mit der EU abschliesst?

Genau das aber sagen die SVP und Magdalena Martullo-Blocher: «Wir müssen die Gesetze übernehmen, sonst werden wir abgestraft.» Man könnte «ein bisschen» mitreden, vielleicht höre die EU zu. «Wie dumm sind wir eigentlich, dass wir nachteilige Regeln übernehmen wollen? Bürokraten in Brüssel werden unser Recht diktieren.»

Mazzone sagt, man könne weiterhin abstimmen, und es gebe faire Regeln. «Die Schweiz bleibt die Schweiz.»

Kommentare

User #1195 (nicht angemeldet)

Das Fähnlein der sieben Aufrechten oder doch nicht eher der sieben Zwerge?

User #5952 (nicht angemeldet)

Die SVP Milliardäre haben ja alle Firmen im EU Raum und sind so sehr flexibel, unter welchem Recht sie das beste Geschäft für sich machen, während sie dem Volch den Freibetrag für den Haushaltseinkauf über der Grenze jetzt auf 1. Januar 2025 noch weiter senken 🤣🤣🤣

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