Nachdem keine Partei mit der FPÖ eine Regierung bilden will, beauftragt Van der Bellen Karl Nehammer mit der Regierungsbildung.
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Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer bei einer Pressekonferenz in Wien am Donnerstag, 8. August 2024. - keystone

Gegen den traditionellen Trend wurde der österreichische ÖVP-Vorsitzende Karl Nehammer vom Bundespräsidenten dazu auserkoren, eine neue Regierung zu formen.

Zweitstärkste Partei bekommt Regierungsauftrag

Der österreichische Bundespräsident Van der Bellen beauftragte Karl Nehammer, den Chef der zweitstärksten Partei ÖVP, mit der Regierungsbildung. Herbert Kickl, der die stimmenstärkste Partei FPÖ anführt, wird daher nicht das Kanzleramt bekleiden.

«Niemand kann alleine das ganze Volk für sich beanspruchen», erklärte Van der Bellen. Damit betont er, dass ungewöhnliche Situationen ungewöhnliche Massnahmen erfordern.

Regierungsbildung Österreich Tweet
Van der Bellen gab seine Entscheidung zur Regierungsbildung auch via Social Media bekannt. - x.com/@vanderbellen

Denn mit Herbert Kickl und seiner FPÖ wollte keine der anderen Parteien eine Koalition bilden.

Wie wird die Zusammenarbeit aussehen?

Das Staatsoberhaupt verlangte daher von Nehammer Antworten auf zwei wichtige Fragen: Erstens, wie können die ÖVP und SPÖ ihre Forderungen in Kompromissen vereinen? Zweitens, können sie im Nationalrat eine stabile Mehrheit gewährleisten?

Nehammer sehe die Wirtschaft, Migration und Gesundheit als Hauptthemen für Gespräche mit der SPÖ. Er gestand ein, dass es einen dritten Partner geben könnte, um eine stabile Regierung bilden zu können.

Kritik aus den Reihen der ÖVP

Unterdessen kritisierte Christopher Drexler, steirischer Landeshauptmann und Parteifreund Nehammers, Bundespräsident Van der Bellen für seine Entscheidung.

«Ich halte es für völlig falsch, dass der Bundespräsident nicht den Vertreter der stimmenstärksten Partei mit einem Regierungsbildungsauftrag ausstattet.» So Drexler laut dem «Kurier».

Findest du es rechtens, dass die zweitstärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt wurde?

Die ungewöhnliche Entscheidung des Bundespräsidenten, Nehammer statt Kickl mit der Regierungsbildung zu beauftragen, hat daher beträchtliche Diskussionen ausgelöst.

Herbert Kickl gibt Kampf nicht auf

Kickl fühlt sich zudem offenbar übergangen. In einer Facebook-Nachricht an seine Anhänger betonte er: «Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen».

Wie die Kontroverse die künftige Regierungsbildung beeinflusst, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Gleiches gilt für den politischen Diskurs.

Regierungsbildung Kickl FPÖ
Herbert Kickl von der rechten FPÖ ist es nicht gelungen, Koalitionspartner für die Regierungsbildung zu finden. (Archivbild) - Keystone

Der Auftrag an Nehammer markiert somit den Beginn intensiver Koalitionsverhandlungen. Eine mögliche Dreierkoalition zwischen ÖVP, SPÖ und Neos steht aber im Raum.

Wie die anderen Parteien darauf reagieren

Die Parteien reagieren unterschiedlich auf den Regierungsbildungsauftrag. Die ÖVP zeigt sich aber erwartungsgemäss optimistisch.

SPÖ-Chef Andreas Babler betonte etwa, eine Zusammenarbeit könne nur funktionieren, wenn gemeinsame Lösungen für die grossen Herausforderungen gefunden werden.

Auch Neos und Grüne sind gesprächsoffen

Die Neos fordern wiederum einen ehrlichen Willen zu Reformen und ein Klima des Vertrauens auf Augenhöhe. So berichtet es die «Kronen Zeitung».

Werner Kogler (Grüne) bekräftigt die Bereitschaft seiner Partei zu ehrlichen und offenen Sondierungsgesprächen oder Regierungsverhandlungen.

Planung der Regierungsbildungsverhandlungen

Während Nehammer die Verantwortung übernimmt, die Regierungsbildung zu leiten, steht der Zeitplan für die Verhandlungen noch nicht fest. Das aktuelle politische Geschehen wird vornehmlich in den Parlamentsklubs diskutiert.

Der Druck ist jedenfalls gross. Denn beide potenzielle Juniorpartner, NEOS und die Grünen, betonen, dass die «Lage in Österreich» ein zügiges Vorgehen erfordert.

Politische Beobachter sehen in einer möglichen Dreierkoalition daher sowohl Chancen als auch Risiken. Sie betonen etwa die Notwendigkeit von Kompromissen und warnen vor möglichen Konflikten aufgrund unterschiedlicher Parteiideologien.

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