Nadia Murad fordert nach al-Bagdadis Tod «Gerechtigkeit» für Jesiden
Nach dem Tod des IS-Anführers Abu Bakr al-Bagdadi ist es nach Ansicht der jesidischen Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad noch ein langer Weg hin zu Gerechtigkeit.
Das Wichtigste in Kürze
- Friedensnobelpreisträgerin sieht Gefahr für Minderheit nicht gebannt.
«Wir wollen nicht, dass IS-Kämpfer wie al-Bagdadi einfach getötet werden. Wir wollen Gerechtigkeit», sagte sie am Mittwoch vor Journalisten am Sitz der Vereinten Nationen in New York.
Sie habe mit mehreren Jesiden, die das «Kalifat» des IS überlebt haben, über al-Bagdadis Tod gesprochen. Deren Antwort habe gelautet, «okay, aber das ist nur al-Bagdadi. Was ist mit all den IS-Kämpfern? Sie haben immer noch unsere Mädchen, unsere Kinder. Was ist mit den tausenden Jesiden, die noch vermisst werden?», berichtete Murad. Es gebe tausende IS-Kämpfer wie al-Bagdadi, die bereit seien, «das zu tun, was er getan hat» und nicht aufgeben, sagte Murad.
Am Sonntag hatte US-Präsident Donald Trump die Tötung des IS-Anführers Abu Bakr al-Bagdadi bei einem US-Einsatz in Nordsyrien mitgeteilt. Nach al-Bagdadi hatten die USA jahrelang gefahndet, er galt als der meistgesuchte Mann der Welt. Der IS-Anführer hatte im Juli 2014 ein «Kalifat» in Syrien und im Irak ausgerufen, in dem zeitweise mehrere Millionen Menschen lebten.
Die kurdischsprachige monotheistische Minderheit der Jesiden wurde wegen ihres Glaubens immer wieder verfolgt, die Dschihadistenmiliz IS verdammt die Minderheit als «Teufelsanbeter». Als die IS-Miliz im August 2014 das Sindschar-Gebirge im Nordirak eroberte, wo die Religionsgemeinschaft seit Jahrhunderten lebte, tötete sie die Männer, rekrutierte die Jungen als Kindersoldaten und zwang die Frauen und Mädchen in die Sklaverei.
Auch Murad war im August 2014 im Irak von IS-Kämpfern verschleppt und versklavt worden. Im vergangenen Jahr erhielt sie gemeinsam mit dem kongolesischen Gynäkologen Denis Mukwege für ihren Einsatz gegen sexuelle Gewalt in Kriegszeiten den Friedensnobelpreis.