Netanjahu und Gantz erklären sich beide zu Wahlsiegern in Israel
Bei den Parlamentswahlen in Israel haben sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und sein Herausforderer Benny Gantz ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert.

Das Wichtigste in Kürze
- Enges Kopf-an-Kopf-Rennen beider Lager.
Beide erklärten sich am Dienstagabend zu Wahlsiegern. Der von der rechtsgerichteten Likud-Partei angeführte Block habe einen "klaren Sieg" errungen", sagte Netanjahu. Ex-Generalstabschef Gantz bezeichnete seine Liste Blau-Weiss dagegen als Siegerin: "Wir haben gewonnen. Diese Wahlen haben einen klaren Sieger und einen klaren Verlierer."
Prognosen sahen beide Seiten gleichauf. Drei TV-Nachwahlbefragungen zufolge lag der Likud bei 33 bis 36 Sitzen im Parlament, Blau-Weiss bei 36 oder 37 Sitzen. Netanjahu hatte aber bessere Aussichten auf eine Regierungsbildung, da die Gesamtzahl der Sitze möglicher Koalitionspartner des Likud zusammengerechnet leicht über denen von Blau-Weiss lag. Demnach könnte der Likud mit mehreren kleineren rechten Parteien zusammen zwischen 60 und 66 Sitzen auf sich vereinen, während Blau-Weiss auf 54 bis 60 käme. Netanjahu kündigte noch am Abend an, Gespräche mit «unseren natürlichen Partnern» über ein Regierungsbündnis aufzunehmen.
Der enge Wahlausgang hatte sich bereits in Umfragen vor der Wahl abgezeichnet. Der Urnengang entscheidet darüber, ob sich Regierungschef Netanjahu trotz Korruptionsvorwürfen eine fünfte Amtszeit sichern kann oder ob er durch den liberaleren Politikneuling Gantz abgelöst wird. Das offizielle Wahlergebnis wird nicht vor dem frühen Mittwochmorgen erwartet. Zur Stimmabgabe aufgerufen waren mehr als sechs Millionen Wahlberechtigte, die über die Zusammensetzung der 120 Sitze zählende Knesset entscheiden.
Netanjahu und Gantz hatten bis zuletzt versucht, ihre Wähler zu mobilisieren. Netanjahu forderte die Israelis bei seiner Stimmabgabe in Jerusalem auf, eine «gute Wahl zu treffen». «Israel wird gewinnen, so Gott will», sagte er. Ex-Armeechef Gantz sagte in seinem Heimatort Rosh Haayin bei Tel Aviv, er sei «froh, sich in den Dienst Israels zu stellen». Er stehe «für das Wohl der Bürger auf einem neuen Weg».
Die Wahl ist in vielerlei Hinsicht eine Art Referendum über den seit insgesamt 13 Jahren regierenden und oft als «King Bibi» bezeichneten Netanjahu. Der 69-Jährige hatte sich im Wahlkampf als erfahrener Politiker präsentiert, der allein in der Lage sei, Israels Sicherheit zu garantieren. Am Samstag hatte Netanjahu für den Fall eines Sieges die Annexion jüdischer Siedlungsgebiete im Westjordanland angekündigt.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte vor der Wahl noch die Hoffnung auf eine Friedenslösung im Nahost-Konflikt geäussert. Er hoffe, die neue Regierung werde verstehen, dass «Frieden in unserem, ihrem und im Interesse der ganzen Welt» sei, sagte Abbas in Ramallah. Der hochrangige Palästinenservertreter Sajeb Erakat sagte am Abend jedoch, die Israelis hätten mit der Wahl «nein zum Frieden gesagt und ja zur Besetzung» der Palästinensergebiete.
Netanjahus Herausforderer Gantz setzte im Wahlkampf auf den Wechselwillen nach insgesamt 13 Jahren Netanjahu. Der 59-jährige Politikneuling prangerte im Wahlkampf die Bestechungsskandale des Amtsinhabers an und versprach für den Fall seines Sieges «null Toleranz» gegenüber Korruption. Netanjahus Annexionspläne bezeichnete Gantz als «unverantwortliches» Werben um Stimmen. Er selbst befürworte ein «global unterstütztes Friedensabkommen».
Sollte Netanjahu die Wahl gewinnen, könnte er der erste amtierende Regierungschef Israels sein, gegen den Anklage erhoben wird. Mitten im Wahlkampf hatte die Generalstaatsanwaltschaft angekündigt, Netanjahu wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs in drei Fällen anzuklagen. Bei einer Anklage müsste er nicht zurücktreten, bei einer Verurteilung und nach Ausschöpfen aller Berufungsmöglichkeiten aber schon.