Österreichs Innenminister übt scharfe Kritik an EU-Migrationspolitik
Vor dem Treffen der EU-Innenminister am Freitag hat Österreich die EU-Migrationspolitik scharf kritisiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Nehammer: Aussengrenzschutz hat Vorrang vor Debatte über Flüchtlingsverteilung.
«Das Versagen der europäischen Asylpolitik manifestiert sich an den EU-Aussengrenzen», sagte der österreichische Innenminister Karl Nehammer der Zeitung «Die Welt» (Freitagsausgabe). «Wenn wir einen funktionierenden Schutz der EU-Aussengrenze hätten, kämen nicht jedes Jahr hunderttausende Migranten in die EU.»
Nehammer lobte ausdrücklich, dass Mitgliedsländer wie Kroatien und Griechenland an den EU-Aussengrenzen «hervorragende» Arbeit leisteten. «Aber die EU darf diese Staaten nicht alleine lassen», forderte der Österreicher.
«Anstatt einen funktionierenden Aussengrenzschutz zu etablieren, debattiert die EU-Kommission seit sechs Jahren über die Verteilung von Flüchtlingen», kritisierte Nehammer. Dies sei «sinnlos, denn ohne einen rigorosen Schutz der EU-Aussengrenzen wird es niemals eine Einigung in der Verteilungsfrage geben.» Nehammerr warf überdies der EU-Grenzschutzagentur Frontex vor, die Grenzschützer der Mittelmeeranrainer lediglich zu «beaufsichtigen», anstatt sie aktiv zu unterstützen.
Die EU-Kommission hatte am Donnerstag nach Berichten über mutmassliche illegale Zurückweisungen von Asylsuchenden durch Grenzschutzbeamte in Kroatien und Griechenland Untersuchungen der Vorwürfe gefordert. Die Regierung in Zagreb sagte dies zu, Athen wies die Anschuldigungen kategorisch zurück.
Nehammer kündigte an, beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg anzusprechen, «wie die EU mit ihrer Wirtschaftsmacht von 450 Millionen Menschen Transitländer wie Tunesien oder Marokko dazu bringen kann, auf ihrem Territorium illegale Migranten in sogenannten Anlandeplattformen unterzubringen, anstatt sie mit Hilfe von organisierter Kriminalität nach Europa weiterziehen zu lassen».
Österreichs Innenminister betonte zudem, dass sein Land keine weiteren Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen werde. «Und zwar auch nicht im Rahmen von sogenannten Umsiedlungen (resettlements)», sagte er der «Welt». Er plädiere vielmehr dafür, «Abschiebezentren für Migranten aus Afghanistan in den Nachbarländern in der Region aufzubauen». Dafür müssten die Europäer aber bereit sein, «für diese Länder in grossem Stil Anreize zu schaffen».
Nehammer hob hervor, dass in seinem Land bereits 44.000 Afghanen lebten. «Vor uns liegt damit in der EU nur Schweden.» Afghanen im Land zu integrieren sei besonders schwierig. Laut einer Studie wiesen sie tendenziell eine höhere Gewaltbereitschaft auf, sagte der ÖVP-Politiker.