Politiker und Kirchen rufen zu Votum gegen Nationalismus in Europa auf
Das Wichtigste in Kürze
- Türkische Gemeinde hofft auf Gegengewicht zu Rechtspopulisten.
Es müsse verhindert werden, dass Rechtspopulisten und Nationalisten im EU-Parlament zu stark würden, sagte Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) am Samstag. Die Türkische Gemeinde in Deutschland rief ebenso zu einer regen Beteiligung an der Wahl auf wie die Kirchen in Deutschland.
«Wenn die Rechtspopulisten und Nationalisten im Europäischen Parlament zu stark werden, sind sie in der Lage, Beschlüsse und Gesetzgebungsprozesse zu verhindern», twitterte Maas. «Das dürfen wir nicht zulassen.» Deshalb müssten alle am Sonntag zur Wahl gehen. Denn bei Europa gehe es «um unsere Freiheit und Demokratie», sagte er zudem dem Nachrichtenportal «t-online.de».
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sagte AFP, Europa dürfe «nicht den rechten Populisten überlassen» werden, daher sei jede Stimme wichtig. In Deutschland leben rund drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln. Von ihnen haben schätzungsweise 1,2 Millionen als deutsche Staatsbürger das Recht zur Stimmabgabe bei der Europawahl.
Sofuoglu rief «insbesondere auch die türkeistämmige Community auf, sich an den Wahlen zu beteiligen». Die Türkische Gemeinde beobachte den Aufstieg rechter Parteien «mit grosser Sorge», sagte der Vorsitzende. «Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte stehen auf dem Spiel.» Ein starkes Europa sei «das Gegenmittel zu Nationalismus».
Die beiden grossen christlichen Kirchen riefen vor allem Jungwähler an die Urnen. In allen EU-Mitgliedsländern gebe es zwar bei jungen Menschen klare Mehrheiten für einen Verbleib in der Union, schrieben der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, in einem Beitrag für den «Focus». Doch die «Leidenschaft der Jungen für Europa» habe sich in Deutschland noch nie in einer überdurchschnittlichen Wahlbeteiligung niedergeschlagen.
Keine der rechtspopulistischen Parteien Europas gebe indes «konstruktive politische Antworten auf die Herausforderungen, vor denen Europa steht», warnten Bedford-Strohm und Marx. Weder liessen sich so «Friedensperspektiven für die blutigen Konflikte vor den Toren der Union» erarbeiten. Noch helfe die Leugnung des Klimawandels bei der Ausformulierung einer tragfähigen Klimapolitik.
Altbundespräsident Joachim Gauck sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), er wolle «alle Menschen, die den Segen eines vereinigten Europas erkannt haben, auffordern, zur Wahl zu gehen und Parteien zu wählen, die sich klar zu Europa bekennen». Europa sei gefragt, um nicht «Spielball der anderen Weltmächte» zu sein, fuhr er fort. «China wartet nur auf unsere Schwäche.»
In Deutschland bestimmen die Wähler am Sonntag ihre Abgeordneten im Europaparlament neu. Der Wahl kommt Bedeutung auch als Stimmungstest für die Bundespolitik zu. Nach letzten Umfragen müssen sich die Regierungsparteien auf deutliche Verluste einstellen, die Grünen steuern auf ein Rekordergebnis zu und könnten zweitstärkste Partei werden. Auch die AfD dürfte stärker abschneiden als bei der Wahl 2014.