Rettungsschiff «Alan Kurdi» nimmt mit 65 Flüchtlingen an Bord Kurs auf Lampedusa
Nach der Bergung von 65 Menschen von einem überladenen Schlauchboot im Mittelmeer hat das Schiff «Alan Kurdi» der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye eigenen Angaben zufolge Kurs auf Lampedusa genommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Offenbar keine Antwort von Rettungsstellen in Italien und Malta .
Die italienische Insel sei «der am nächsten gelegene europäische Hafen», dort könnten die Geretteten an einen sicheren Ort gebracht werden, erklärte Sea-Eye am Freitagabend. Ein Angebot der libyschen Küstenwache, den Hafen der Stadt Sawija als «Place of Safety» anzulaufen, wurde demnach abgelehnt.
Die «Alan Kurdi» hatte nach eigenen Angaben zuvor 65 Menschen an Bord genommen, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollten. Das Schlauchboot sei vor der libyschen Küste in internationalen Gewässern entdeckt worden, teilte Sea-Eye mit. Es war demnach manövrierfähig und mit ausreichend Treibstoff versorgt, hatte aber weder ein GPS-fähiges Telefon noch andere Navigatonshilfen an Bord.
Laut Sea-Eye versuchten die Bootsinsassen zunächst, der «Alan Kurdi» zu entkommen. Offenbar hätten sie befürchtet, dass es sich um ein Schiff der libyschen Küstenwache handelte. Nach Angaben eines Geretteten befand sich das Schlauchboot bereits seit mehr als zwölf Stunden auf dem Meer, als es gesichtet wurde.
«Ohne ein GPS-fähiges Telefon oder nautische Grundkenntnisse hätten diese jungen Menschen vermutlich keinen Ort erreicht und wären verschwunden», sagte Gorden Isler, Einsatzleiter auf der «Alan Kurdi». An Bord des Schlauchboots befanden sich offenbar nur zehn Liter Trinkwasser. Laut Sea-Eye gaben 39 Menschen an, minderjährig zu sein.
Die «Alan Kurdi» konnte erst am Freitagnachmittag Kontakt zur libyschen Küstenwache herstellen. Deren Angebot, einen libyschen Hafen anzusteuern, wurde von Einsatzleiter Isler abgelehnt. «Libyen ist kein sicherer Ort, für niemanden», begründete er die Entscheidung. Die italienischen Rettungsleitstellen in Rom und Valletta schwiegen laut Sea-Eye. Die Seenotleitung Bremen antwortete demnach schnell und informierte laut Sea-Eye das Auswärtige Amt.
Immer wieder ertrinken zahlreiche Flüchtlinge im Mittelmeer beim Untergang ihrer oft nicht seetüchtigen Boote. Trotz anhaltender Konflikte ist Libyen nach wie vor eines der wichtigsten Transitländer für Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Staaten oder dem Nahen Osten, die über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollen. Die EU hat die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer vorerst eingestellt.
Ein Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch hatte vorige Woche trotz eines Verbots Italiens Kurs auf die italienischen Hoheitsgewässer genommen und mit zuletzt noch 40 Migranten an Bord im Hafen Lampedusas angelegt. Die deutsche Kapitänin Carola Rackete war daraufhin festgenommen und erst am Dienstag wieder freigelassen worden.
Sea-Eye erklärte, die Rettungsleitstellen von Italien und Malta würden um «dringende Unterstützung» gebeten. Eine Sea-Eye-Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Organisation strebe eine «gute Lösung» an.