Russischem Oppositionellen Ilja Jaschin drohen zehn Jahre Haft
Kreml-Kritiker Ilja Jaschin hat sich öffentlich gegen den Ukraine-Krieg und dessen Gräueltaten ausgesprochen. Nun droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe.

Das Wichtigste in Kürze
- Gegen den bekannten Oppositionellen Ilja Jaschin ermitteln die russischen Behörden.
- Ermittlungen wegen «Verbreitung falscher Informationen» über das Militär laufen.
Die russischen Behörden haben strafrechtliche Ermittlungen gegen den bekannten Oppositionellen Ilja Jaschin eingeleitet.
Gegen Jaschin werde wegen der «Verbreitung falscher Informationen über das russische Militär» ermittelt, erklärte sein Anwalt Wadim Prochorow. Wie das Moskauer Gericht mitteilte, forderte das russische Ermittlungskomitee eine zweimonatige Untersuchungshaft für Jaschin. Bei einer Verurteilung drohen ihm zehn Jahre Gefängnis.

Jaschins Anwalt sagte, die Ermittlungen laufen, weil Jaschin auf Youtube von «der Ermordung von Zivilisten» als einem «Massaker» gesprochen habe. Russischen Einheiten werden Kriegsverbrechen vorgeworfen, nachdem in Kiew nach dem Rückzug russischer Soldaten die Leichen von Zivilisten entdeckt worden waren.
Prochorow schrieb nun ferner auf Facebook, die Ermittler hätten ihn angerufen und über eine bei Jaschin geplante Hausdurchsuchung informiert. «Ich werde mich dorthin begeben.» Ein anderer Anwalt Jaschins bestätigte später, dass die Hausdurchsuchung stattgefunden habe.

Nach Angaben des Moskauer Gerichts forderte das für schwere Straftaten zuständige russische Ermittlungskomitee, Jaschin vorsorglich bis zum 12. September zu inhaftieren. In der Regel wird eine Untersuchungshaft in Russland stetig bis zum Prozessbeginn verlängert. Bei einer Verurteilung wegen «Verbreitung falscher Informationen» über die russische Armee drohen Jaschin bis zu zehn Jahre Haft.
Der 39-Jährige war bereits am 28. Juni wegen «Ungehorsams gegenüber der Polizei» zu 15 Tagen Haft verurteilt worden. Am Dienstag befand er sich noch immer im Gefängnis.
Bevor die neuen Anschuldigungen bekannt wurden, hatte Jaschin in Online-Diensten berichtet, dass er am Mittwoch entlassen werden solle. «Vielleicht lassen sie mich raus, vielleicht auch nicht», schrieb er.
Russische Regierungskritiker werden stark verfolgt
Seit Beginn der Militäroffensive in der Ukraine am 24. Februar haben die russischen Behörden ihr Vorgehen gegen Regierungskritiker verstärkt. Viele von ihnen wurden ins Exil getrieben oder inhaftiert. Das Gesetz zur «Verbreitung falscher Informationen» über die Armee stellt Kritik an Russlands Offensive in der Ukraine unter Strafe.
Jaschin, ein bekannter Gegner von Präsident Wladimir Putin, hatte sich entschieden zu bleiben. Er verurteilt die russische Militäroffensive öffentlich. «Die wahren Gründe für meine Verhaftung sind natürlich politischer Natur», hatte Jaschin bei seiner Festnahme im Juni erklärt. «Ich bin Oppositioneller, unabhängiger Kommunalabgeordneter, ein Kritiker von Präsident Putin und ein Gegner des Krieges in der Ukraine.»

Jaschin war in Russland vor allem während der Protestbewegung gegen den Kreml in den Jahren 2011 bis 2012 bekannt geworden. Er steht dem Kreml-Kritiker Alexej Nawalny nahe, der derzeit eine neunjährige Haftstrafe in einem Straflager verbüsst.